Teheran - Pünktlich zum 30. Revolutionsjubiläum präsentierte sich heuer das Fajr-Kulturfestival, das soeben zum 27. Mal in Teheran stattfand, eher als Trauerspiel: Viele iranische Filmemacher, Musiker und Schauspieler protestierten gegen die Einschränkungen des Kulturministeriums, indem sie fernblieben oder ihre Filme und Stücke zurückzogen. Bei der Regierung machten ihre Proteste freilich keinerlei Eindruck. Dementsprechend kurz waren die Schlangen vor den Kinos und Kunsthäusern.

Neben der strengen Zensur sind die unprofessionellen Umbauarbeiten an der Stadthalle Teheran - einem traditionsreichen Haus, in dem vor der Revolution internationale Künstler wie Herbert von Karajan auftraten - nur eines der Ärgernisse, die die iranischen Kunstschaffenden und das Publikum beschäftigen. Der Parkplatz davor scheint wichtiger als das Haus selbst. Ein anderes Problem ist der Mangel an Kinos und Theatern. Und die Musikszene ist vom Austrocknen bedroht: Iranische Musiker, die erfolgreich im Ausland auftreten, kommen gerade deswegen im Iran in Schwierigkeiten.

Die kulturelle Renaissance, die die iranischen Künstler, vor allem Filmemacher und Autoren, während den beiden Amtszeiten von Präsident Mohammed Khatami (1997 bis 2005) erlebten, ist längst Vergangenheit. Die Kulturlandschaft ist ein regierungsgenehmer Einheitsbrei. In den vergangenen drei Jahren hat der Exodus der iranischen Künstler und Intellektuellen wieder eingesetzt. Zum Teil sind sie im Ausland sehr erfolgreich - aber auch, wenn sie sich dort jeder politischen Äußerung enthalten, sind sie im Iran erledigt und können in ihrer Heimat nicht mehr arbeiten.

Gerade der Druck und der wachsende Abstand zwischen Regierung und Bevölkerung bringt jedoch inTeheran eine Untergrundkultur hervor, die nicht mehr aus der politischen und kulturellen Landschaft wegzudenken ist: kreativ, subversiv - und von vielen Bewohnern Teherans mit Wohlwollen unterstützt.

Immerhin begannen liberale Zeitungen zuletzt, den Druck auf die Kultur offen zu kritisieren. Im Vorfeld der Präsidentschaftswahlen im Juni haben jedoch sowohl die Kultur- als auch die Medienszene mit noch mehr Einschränkungen zu rechnen. Schmutzkampagnen gegen liberale Künstler und Intellektuelle, aber auch gegen Politiker fordern jeden Tag neue Opfer. Es beginnt mit scheinbar harmlosen Kommentaren in konservativen Zeitungen, wie etwa in Keyhan, und endet mit Verboten oder Verhaftungen. Inzwischen erscheinen auch neue Zeitschriften, die sich nur diesen Kampagnen widmen, zum Beispiel die Zeitung Hamat, die Präsident Mahmud Ahmadi-Nejad nahestand und in einer ihrer Ausgaben 16 Seiten der Darstellung von Kritikern des Präsidenten als "Königsmörder" widmete. Die Empörung weiter Kreise veranlasste die Regierung zum Handeln, und die Zeitung wurde geschlossen: Das wird aber nur als scheinheiliger Auftakt für kommende Medienverbote verstanden.

Khatami, der bei den Präsidentschaftswahlen im Juni wieder antritt, ist regelmäßig Opfer von solchen Kampagnen. Er wird immer wieder mit gescheiterten Figuren der iranischen Geschichte verglichen, wie Soltan Hossein, dem letzten König der Safawiden-Dynastie. (Gudrun Harrer, DER STANDARD/Printausgabe, 11.02.2009)