Nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) müssen nichtösterreichische Staatsbürger für eine unselbstständige Tätigkeit im Inland einen Beschäftigungstitel, etwa eine Beschäftigungsbewilligung, erwerben. EWR-Bürger sind österreichischen Staatsbürgern zwar grundsätzlich gleichgestellt, nicht allerdings die Angehörigen der "neuen EU-Mitgliedstaaten" mit Ausnahme von Malta und Zypern. Bürger von Tschechien, Estland, Lettland, Litauen, Ungarn, Polen, Slowenien und der Slowakischen Republik sind aufgrund einer speziellen Übergangsregelung in den Beitrittsverträgen von dieser Gleichstellung ausgenommen.

So weit, so unproblematisch. Aber: Das AuslBG erstreckt sich nicht nur auf die Beschäftigung Unselbstständiger, also Arbeitnehmer. Es wird auch die Beschäftigung in einem "arbeitnehmerähnlichen Verhältnis" erfasst. Damit werden gewisse legitime Leistungsbeziehungen von Selbstständigen reguliert, z.B. durch selbstständige Gewerbetreibende. Auch manche gesellschaftsrechtliche Strukturen werden den Arbeitnehmern gleichgestellt und sind damit mangels Genehmigung verboten - konkret Gesellschafter einer Personengesellschaft oder Minderheitsgesellschafter (unter 25 Prozent Beteiligung) einer GmbH, wenn deren Arbeitsleistungen typischerweise in einem Arbeitsverhältnis erbracht werden und sie nicht nachweisen können, dass sie persönlich einen wesentlichen Einfluss auf die Geschäftsführung ausüben.

Diese Erstreckung des AuslBG über Arbeitnehmer hinaus mag praktisch sein, weil sich die Verwaltungspraxis nicht mit den Details der Feststellung einer "Scheinselbstständigkeit" herumschlagen muss, um einen Sachverhalt bestrafen zu können. EG-rechtlich ist das aber nicht legitim. Denn die Ausnahmen in den Beitrittsverträgen erlauben nur die Beschränkung der Arbeitnehmerfreizügigkeit.

EuGH verurteilt Österreich

Hinsichtlich jener Nichtarbeitnehmer, die aufgrund ihrer Gesellschafterstellung in einer Personengesellschaft oder ihrer Minderheitsbeteiligung an einer GmbH in den Anwendungsbereich des AuslBG fallen, hat der Europäische Gerichtshof jüngst festgestellt, dass dadurch die Freizügigkeit von Selbstständigen eingeschränkt und gegen die Niederlassungsfreiheit verstoßen wird (EuGH C 161/7 vom 22.12.2008). Zudem ist das Erfordernis dieses Genehmigungsverfahrens laut EuGH diskriminierend, weil es - in der Gruppe der EU-Bürger - nur die Angehörigen der neuen Mitgliedstaaten betrifft. Damit verstößt Österreich auch gegen das Verbot der Ungleichbehandlung.
Der EuGH erklärte dabei ausdrücklich, dass eine solche Regelung nicht mit dem Argument der Verhinderung von Umgehungen gerechtfertigt werden kann.

Die Frage der Erfassung von "arbeitnehmerähnlichen Personen" durch das AuslBG hat der EuGH zwar nicht behandelt, aber hier besteht das gleiche Problem: Auch auf dieser Grundlage werden laufend über legitime Selbstständige vor allem aus den neuen EU-Staaten, die in Österreich ohne gesonderten Beschäftigungstitel tätig werden, Strafen verhängt. Arbeitnehmerähnliche Personen sind aber gerade keine Scheinselbstständigen. Und das Übergangsregime der Beitrittsverträge lässt grundsätzlich nicht zu, die Dienstleistungsfreiheit für Staatsangehörige der neuen EU-Staaten einzuschränken; lediglich bei der vorübergehenden Entsendung von Arbeitskräften ist das erlaubt.

Das Erfordernis eines Beschäftigungstitels für arbeitnehmerähnliche Verhältnisse, wie sie das AuslBG und die Verwaltungspraxis vorsehen, stellt daher einen Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht dar. Unter dem Deckmantel des Schutzes des Arbeitsmarktes wird das legale Tätigwerden ausländischer Selbstständiger in Österreich behindert bzw. unterbunden, Bürger aus den neuen EU-Mitgliedstaaten werden diskriminiert. (Stefan Köck, DER STANDARD, Printausgabe, 11.2.2009)