Mit vollem Körpereinsatz zur Vollkommenheit: das Ensemble im Theater an der Gumpendorfer Straße.

Foto: Anna Stöcher/das TAG

"Trainingskleidung und Bewegungswille sind absolute Grundvoraussetzungen für einen Besuch dieser Veranstaltung. Ein Arzt ist anwesend" - Die Warnung im Programmheft des Theater an der Gumpendorfer Straße (TAG) lässt Anstrengung wittern. Im physischen Sinn versteht sich, die Produktion Vollkommen in 60 Minuten bleibt kurzweilig, nur verlangt sie aktive Gäste - immerhin ist das Ziel des Abends nichts weniger als die komplette Selbstfindung im Schnelldurchlauf. Ob nun ewige Jugend, Erfolg oder einfach nur Glück - Vorturner Sir Felix (Julian Loidl), "Sportmentalistin" Madame Gloria (Petra Strasser) und Chef-Yogi Herr Viktor (Georg Schubert) kennen alle Tipps und Tricks. Aus ihrer Erfahrung als ehemalige Eigner eines Fitnessstudios wissen sie: Die Lösung aller Probleme ruht in uns, man muss sie nur wachstrampeln. Die Persiflage auf Lebensratgeber und Mentaltrainings gerät zuerst erschreckend glaubwürdig. Regisseur John F. Kutil hat für das Stück (Konzept: Kutil, Margit Mezgolich) die Codes der Vollkommenheits-Taliban perfekt adaptiert. Alles ist da und wirkt vertraut: Namensschildchen, Augenkontakt, schmissige Botschaften und das ständige Betonen, dass alles erreichbar wird, wenn man nur hart genug an sich arbeitet - oder dafür zahlt. Für die Überhöhung sorgen die Darsteller mit gelungenen Einwürfen. Loidl sucht trotz Selbstverliebtheit die Anerkennung seiner Jünger. Schubert tobt sich durch mehrere Stadien des fortgeschrittenen Wellness-Wahnsinns am Bühnenrand und Strassers leicht entrückte Madame Gloria schwebt über Beckenböden meditierend zwischen Yogamatten herum. Ein gelungener Seitenhieb auf den "Mainstream der Individualisten" wie es das TAG treffend benennt. (hoge, DER STANDARD - Printausgabe, 10. Februar 2009)