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Auf den Tod des rumänischen Handballnationalspielers Marian Cozma folgte in Ungarn Entsetzen - und der Ruf nach Rache.

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Was wie eine provinzielle Diskotheken-Schlägerei zwischen zwei Männergruppen begann, endete in der Nacht zum Sonntag vor der "Skorpió"-Bar in der westungarischen Stadt Veszprém in einer blutigen Tragödie, an deren Ende der rumänische Nationalspieler Marian Cozma tot in seinem Blut lag - niedergestochen mit drei Messerstichen. Zwei seiner Teamkollegen aus der lokalen Erstligamannschaft MKB-Veszprém, die Serben Ivan Pesic und Zarko Sesum, fanden sich schwerverletzt im Krankenhaus wieder. Zwei der mutmaßlichen Täter, die ungarischen Roma Sándor R. und Gyözö N., nahm die österreichische Polizei in der Nacht auf Montag auf der Südautobahn in Richtung Graz fest. Sie warten auf ihre Auslieferung nach Ungarn, wo eine internationale Fahndung ausgeschrieben wurde.

Der genaue Hergang der Bluttat war selbst am Montag noch nicht wirklich klar. Nach ungarischen Medienberichten, die sich auf Augenzeugenberichte und spärliche Polizeiangaben stützen, hatten die Handballer des Veszprémer-Klubs in der Skorpion-Bar privat gefeiert. Gegen drei Uhr früh sei ein Trupp von 15 bis 30 Mann in das Lokal gekommen - Roma aus der Umgebung, wie die Augenzeugen darlegten. Die Handballer hätten sich mit ihnen zunächst in einen verbalen Konflikt verwickelt.

Es sei recht schnell zu Handgreiflichkeiten gekommen, die sich vor der Bar fortsetzten. Die Roma zogen dabei offenbar die Messer und stachen zwei der Handballer nieder. Der 26-jährige Cozma starb noch im Rettungswagen, Pesic mussten die Ärzte eine durch Einstiche verletzte Niere entfernen. Sesum war bereits bei der Rauferei im Lokal durch einen als Schlagwaffe eingesetzten Stuhl am Kopf schwer verletzt worden.

Verdächtige

Die Polizei benannte noch am Sonntag drei der mutmaßlichen Täter. Neben der zwei in Österreich festgenommenen Männer verdächtigen die Behörden noch einen dritten Mann, Iván S. aus Enying, einem Ort aus der Umgebung von Veszprém. Er war am Montag noch flüchtig und wird in Ungarn vermutet. Gangs wie jene um S. mischen in der Regel "Weiße" nicht einfach zum Spaß auf. Ihr Geld verdienen sie auf kriminelle Weise mit Schutzgelderpressung und der Vergabe von Wucherkrediten.

Der am Wochenende getötete Cozma war bereits im Jahr 2005 in seiner Heimatstadt Bukarest von einer Männergruppe niedergestochen worden. Damals hatte der Sportler die acht Zentimeter tiefe Stichwunde überlebt.

Rufe nach Rache

Das blutige Verbrechen löste in Veszprém eine starke Solidarisierungsbewegung mit den Opfern aus, in die sich auch romafeindliche Töne mischten. Mehrere tausend Menschen demonstrierten Sonntagabend im Zentrum der Stadt. Immer wieder erklangen dabei Rufe nach "Rache". Manche sprachen von "Zigeunerkriminalität".

Das Klima in Ungarn ist gegen Roma ohnehin stark aufgeladen, seit die rechtsextreme Ungarische Garde immer wieder in von Roma bewohnten Orten aufmarschiert und gegen die 600.000 Menschen umfassende, sozial mehrfach benachteiligte Volksgruppe Stimmung macht. Im vergangenen Jahr kamen bei Anschlägen auf Häuser der Roma insgesamt vier Menschen ums Leben. (Gregor Mayer aus Budapest/DER STANDARD-Printausgabe, 10.2.2009)