Der Himmelteich steht unter Naturschutz. Das Grundstück, das Rosa Weinbergers Vater als Bauland gekauft hatte, ist daher so gut wie wertlos. Der Stadt Wien scheint das egal zu sein.

Foto: Christian Fischer

Rosa Weinberger, am 24. Juni 1906 in Wien geboren, floh 1939 über Neapel, Nizza und Marseille nach Schanghai. Australien wurde ihre neue Heimat. Am 27. Oktober 2002 beantragte sie die Rückgabe von 14.612 Quadratmetern "Baugrund" in "Obere Lehen, Aspern", die ihr Vater 1936 erworben hatte.

Drei Jahre später, am 20. September 2005, empfahl die Schiedsinstanz des Allgemeinen Entschädigungsfonds eine Naturalrestitution. Allerdings nur für 5614 Quadratmeter. Denn auf 89 Quadratmetern war die Niklas-Eslarn-Straße errichtet worden. Zudem hatte die Stadt Wien 8909 Quadratmeter an Gerda und Max Hauser verkauft. Und diese Flächen können eben nicht rückgestellt werden.

Die betagte Dame, damals knapp 100 Jahre alt, verstand die Welt nicht mehr. Sie weigerte sich, die Vereinbarung zu unterschreiben. Aus zwei Gründen: Sie sollte nur ein Drittel der Fläche, die ihr Vater in der NS-Zeit verloren hatte, zurückerhalten. Und dieses Drittel ist nicht mehr wertvolles Bauland, sondern ländliches Gebiet mit dem Himmelteich, den die Stadt Wien unter Naturschutz gestellt hat. Das Grundstück ist also eher wertlos, mithin unverkäuflich - und verursacht nur Instandhaltungskosten.

Wiedergutmachung

Rosa Weinberger plädierte, ihr als Wiedergutmachung eben ein anderes Grundstück zurückzugeben. Und Kurt Scholz, der Restitutionsbeauftragte der Stadt Wien, versicherte, sich für eine einvernehmliche Lösung zu verwenden.

Doch es passierte nichts. Scholz ging im Sommer 2008 in Pension. Ein Nachfolger wurde nicht bestellt. Denn, so Magistratssprecher Rudolf Gerlich: "Die Funktion war auf Scholz zugeschnitten." Die Aufgaben seien von der Rechtsabteilung übernommen worden, einen Ansprechpartner gäbe es dort aber nicht. Er, Gerlich, sei die Auskunftsperson. Und weil es sich um ein "laufendes Verfahren" handle, könne er keine Auskünfte geben. Man gedenke nach wie vor, die Empfehlung umzusetzen. Die Stadt sei auch bereit, einer finanziellen Abgeltung nahezutreten. Ob und, wenn ja, wann ein Angebot in welcher Höhe unterbreitet wurde, wollte Gerlich nicht sagen.

Rosa Weinberger war Ende 2007 gestorben - wenige Wochen, nachdem der Standard über den Fall berichtet hatte. Mittlerweile ist auch ihr einziger Sohn George, geboren 1936 in Wien, tot: Er starb am 14. November 2008. Ein Angebot der Stadt soll nie eingelangt sein. Zuletzt hatte er nur ein Schreiben des allgemeinen Entschädigungsfonds wegen der 8909 Quadratmeter erhalten, die nicht restituiert werden können. Man bot ihm eine Entschädigung in der Höhe von nur 35.019 Euro an, also 3,93 Dollar pro Quadratmeter. Zum Vergleich: Für die 89 Quadratmeter Straße, die ebenfalls nicht zurückgegeben werden können, wurde ein Verkehrswert von 16.910 Euro errechnet (190 Euro pro Quadratmeter).

Hannah Lessing vom Entschädigungsfonds bedauert: "Das sind leider nur Peanuts. Unser Fonds ist eben mit 210 Millionen Dollar - für alle Anträge - gedeckelt." (Thomas Trenkler/DER STANDARD-Printausgabe, 10.2.2009)