München/Berlin - Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel und CSU-Chef Horst Seehofer lassen den amtsmüden Wirtschaftsminister Michael Glos nun doch gehen: Nach langem Zögern einigten sich die Unionsspitzen am Sonntag darauf, den Rücktrittswunsch des 64-jährigen CSU-Politikers anzunehmen. Seehofer will die Nachfolgeregelung aber erst am Montag bekanntgeben.

Die Entscheidung fiel am Sonntagabend nach einem zweistündigen Treffen der CSU-Spitze in der Münchner Staatskanzlei. Vorausgegangen waren zahlreiche weitere Gespräche mit Beteiligung Merkels. Glos sagte in München, er werde Merkel am (morgigen) Montag offiziell um seine Entlassung bitten. Es gebe "eine sehr gute Lösung" für die Nachfolge.

Unklarheit gab es zunächst über den Namen des Nachfolgers. Die Münchner "Abendzeitung" hatte zunächst CSU-Generalsekretär Karl Theodor zu Guttenberg als künftigen Minister genannt. Laut Informationen der Nachrichtenagentur dpa aus Unionskreisen soll dagegen der bayerische Finanzminister Georg Fahrenschon Nachfolger Glos' als Bundeswirtschaftsminister werden.

Der Wirtschaftsminister hatte seinen Rücktritt bereits am Samstag in einem Brief an Seehofer völlig überraschend angeboten. Als Beweggründe gab er sein Alter an und die fehlende Bereitschaft, sich für eine weitere Amtszeit nach der Bundestagswahl im September zu bewerben. Nach dpa-Informationen spielte auch das seit langem zerrüttete Verhältnis zu Seehofer eine Rolle. Glos sagte am Sonntagabend bei einem Auftritt vor Parteifreunden, sein Rücktrittsgesuch sei ein Beitrag, politisches Vertrauen in die CSU zurückzuerobern.

Der Rücktrittsbrief landete nicht nur beim CSU-Chef, sondern etwa gleichzeitig auch bei der "Bild am Sonntag" und damit in der Öffentlichkeit. Seehofer lehnte das Angebot mit Rückendeckung Merkels zunächst ab. Am Sonntag liefen dann allerdings den ganzen Tag Sondierungen mit dem Ziel, die Debatte möglichst schnell zu beenden.

SPD und Opposition reagierten am Sonntag verärgert auf die zähe Diskussion über den Rücktritt des Wirtschaftsministers in Zeiten der Finanzkrise. "Da muss wieder Ordnung geschaffen werden", sagte Vizekanzler und SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier in einem ARD-Interview für den "Bericht aus Berlin". In der derzeitigen Wirtschaftskrise sei es "mehr als unglücklich, dass wir um die Zukunft des Wirtschaftsministers diskutieren".

"Wir brauchen in Zeiten, in denen Millionen Menschen sich um ihren Arbeitsplatz sorgen, eine handlungsfähige Bundesregierung", erklärte auch FDP-Chef Guido Westerwelle. "Diese Regierung gleicht einem Tollhaus", meinte Grünen-Fraktionschefin Renate Künast. "Eine außer Kontrolle geratene bayerische Regionalpartei blockiert das ganze Land und die Kanzlerin schaut macht- und tatenlos zu."

Formal ist nicht der CSU-Chef, sondern die Bundeskanzlerin für die Zusammensetzung des Kabinetts verantwortlich. Die Praxis innerhalb der Großen Koalition sieht aber so aus, dass jede Partei ihre Personalfragen selber klären kann. Von Merkel gab es bis zum späten Abend keinen offiziellen Kommentar.

Der frühere langjährige CSU-Landesgruppenchef Glos war nur Wirtschaftsminister geworden, weil der damalige CSU-Chef und bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber nach der Wahl 2005 einen Wechsel nach Berlin überraschend ablehnte. Glos gilt als Vertreter einer konservativ ausgerichteten Wirtschaftspolitik, der aber in der Großen Koalition nur wenige Akzente setzen konnte. (APA/dpa/AP)