Eine Aktion des ÖGB sorgt für Unmut beim Creativ Club Austria, der Gewerkschaftsbund rief wie berichtet zum "Ideenwettbewerb" auf und sucht Ideen für einen Werbespot. "Alle Drehbuchschreiber und Hobbyautoren können jetzt ihre Kreativität unter Beweis stellen. Im Rahmen eines Ideenwettbewerbs für einen ÖGB-Werbespot werden die besten Einsendungen gesucht", heißt es da in einer Aussendung. Motto für den Wettbewerb ist "Als Mitglied bist du stark!". Die beste Einsendung ist dem ÖGB 1.000 Euro wert.

Dieser Aufruf veranlasste den CCA zu einem Offenen Brief, in dem er den ÖGB-Wettbewerb kritisiert. CCA-Präsident Böhler: "Wenn in einem Markt, der vom Respekt vor der kreativen Leistung lebt, eine riesige Institution diesen vermissen lässt, so ist Feuer am Dach". (Der Brief im Wortlaut ist unten nachzulesen).

ÖGB: "Idee, nicht professionelles Werbekonzept"

"Der ausgeschriebene Ideenwettbewerb 'Be member' richtet sich in erster Linie an interessierte Mitglieder sowie an alle, die sich mit dem Thema Gewerkschaft auseinandersetzen. Die Kreativwirtschaft ist nicht ausgeschlossen. Es handelt sich bei dem Spot nicht um einen TV-Werbespot. Das geht aus der Ausschreibung klar hervor", so Sabine Letz gegenüber etat.at, sie ist Geschäftsführerin des Verbandes Österreichischer Gewerkschaftlicher Bildung und für die Ausschreibung zuständig. Der Spot sei für den Einsatz bei internen Schulungen und Veranstaltungen und im Internet gedacht. Letz: "Mit der Umsetzung werden selbstverständlich Profis beauftragt".

Es gehe bei dem Wettbewerb um das Einreichen einer Idee, nicht eines professionellen Werbekonzeptes. "Wir gehen davon aus, dass viele Menschen kreative Ideen zum Thema 'Gewerkschaftsmitgliedschaft und warum diese wichtig ist' haben - all jene laden wir mit diesem Wettbwerb ein, uns ihre Idee zu schicken", so Letz, und: "Nachdem es nur um die Idee geht, genügen auch nur einige kurze Sätze oder Stichwörter. All jene, die behaupten, 1.000 Euro wären dafür wenig Geld, sollen sich bitte z.B. mit einer Handelsangestellten darüber unterhalten".

Drössler: "Billiger Ideenklau"

Von "billigem Ideenklau" spricht Peter Drössler, Obmann des Fachverbands Werbung und Marktkommunikation, in einer Aussendung. "Mit einer isolierten Idee aus dem Nichts - die Ausschreibung des Wettbewerbes ist meilenweit von einem ordentlichen Werbebriefing entfernt - ist noch gar nichts gewonnen", so Drössler. Eine gute Idee sei wesentlich mehr wert, als die vom ÖGB gestifteten 1.000 Euro. Statt auf billige Zufallstreffer zu hoffen, "sollte man besser genauer überlegen, was man eigentlich wem mit welchem Ziel kommunizieren will - und dann auf professionelle Art einen geeigneten Partner zur Umsetzung suchen." Der Fachverband rät von einer Teilnahme am Wettbewerb ab. Die in den Teilnahmebedingungen geforderte pauschale Abtretung aller Rechte ist laut Drössler "ein Verstoß gegen die guten Sitten". (red)

CCA-Brief im Wortlaut: "Wussten nicht, ob wir lachen oder weinen sollen"

"Als uns die Meldung über Ihren Wettbewerb, in dem Sie demjenigen 1.000,-- € bieten, der sich den besten Werbespot für den ÖGB ausdenkt, erreicht hat, so wussten wir nicht, ob wir lachen oder weinen sollen. Schließlich kamen wir zur Ansicht, dass man gegen etwas, das sich wie ein schlechter Scherz liest, aber nicht als solcher gemeint ist, mit Kritik wahrscheinlich nicht weit kommt. Deshalb ein paar Worte zur Aufklärung:

1) "Der ÖGB ist eine überparteiliche Interessenvertretung unselbständiger Erwerbstätiger mit rund 1,2 Millionen Mitgliedern. Der ÖGB und seine Einzelgewerkschaften vertreten die wirtschaftlichen, politischen, sozialen und kulturellen Interessen aller ArbeitnehmerInnen gegenüber Arbeitgebern, Staat und Parteien." Das müssten Sie wissen, denn so steht es auf Ihrer Website.

2) Die österreichische Kommunikationsbranche ist ein wichtiger Wirtschaftszweig, in dem zigtausende kreative Menschen arbeiten. Menschen, die dafür bezahlt werden, dass sie gut ausgebildet und hochprofessionell Kommunikationsaufgaben lösen. Menschen, deren Interessen Sie vertreten wollen.

3) Diese Menschen finden auch deshalb Arbeit, weil für ihre Leistung üblicherweise ein angemessenes Entgelt entrichtet wird. Üblicherweise. Deshalb können es sich Unternehmen leisten, diese kreativen Menschen zu beschäftigen. Und zwar nicht welche, die sich als "Hobbyautoren" verstehen, sondern z.B. solche, die österreichische Ausbildungseinrichtungen für kreatives Schaffen absolviert haben, wie z.B. Schulen, mehrjährige Lehrgänge, Fachhochschulen oder Hochschulen. Oder talentierte junge Menschen, die ihre Begabung durch fundierte Ausbildung in einer Agentur um strategisches Know-how und Kenntnisse der Wirkungsweise von Kommunikation erweitern konnten.

4) Diese Menschen leisten seit vielen Jahren harte Aufklärungsarbeit, dass Unternehmenskommunikation eine wichtige, strategisch anzulegende Aufgabe ist, die in die Hände von Profis gehört. Und sie kämpfen gegen die Geringschätzung des Wertes von Ideen, des Wertes von Kreativität. Ein Kampf, den der ÖGB eigentlich mittragen und unterstützen sollte. Im Interesse dieser Menschen.

5) Ein ordentliches Haus baut man mit Architekt und Baumeister. Natürlich, man kanns auch selbst auf einen Schmierzettel kritzeln und von den "Nachbarn" bauen lassen. Dafür gibt es in Österreich ein wunderschönes Wort: Pfusch.

Wenn in einem Markt, der vom Respekt vor der kreativen Leistung lebt, eine riesige Institution diesen vermissen lässt, so ist Feuer am Dach. Wir laden Sie sehr höflich ein, dieses Feuer zu löschen und gemeinsam eine vernünftige Ausschreibung für Ihre Kommunikationsaufgabe zu organisieren.

Eduard Böhler
Präsident des Creativ Club Austria"