Wien - "Ich erinnere mich an einen Vortrag eines Konkursanwalts im kleinen Kreis des Vorstandes vor Weihnachten, und ich sage ihnen: Wäre es nicht zum Closing mit der Lufthansa gekommen, wir hätten die Hand heben müssen", berichtete AUA-Vorstand Andreas Bierwirth vergangenen Woche den Mitarbeitern. Dem Standard liegt eine Videoaufzeichnung der Informationsveranstaltung vor.
Die AUA, so Bierwirth, sei "ein toter Patient, der wieder kräftig vitalisiert werden muss". Wenn die geplanten Maßnahmen (teilweiser Gehaltsverzicht, Streckenreduktion, -streichung, Lieferantenbeiträge etc.) nicht erfolgreich umgesetzt werden, kann Bierwirth nicht ausschließen, dass "die AUA trotz des Signings an die Wand fährt".

Sein Kollege Peter Malanik betonte, er hätte nie gedacht, dass die AUA einmal in die Situation käme, vom Staat eine Rettungshilfe von 200 Mio. Euro zu benötigen. 67 Mio. wurden am 22. Dezember abgerufen, "um am 23. Dezember ganz normale Schulden tilgen zu können". Hätte es das Staatsgeld nicht gegeben, hätte die Airline am 31. Dezember eine Liquidität von gerade vier Mio. Euro gehabt. "Bei einem Umsatz von 2,5 Mrd. Euro ist das so gut wie nichts, so dramatisch ist die Situation", erläuterte Malanik, der mit Andreas Bierwirth nach dem Abgang von Alfred Ötsch die AUA leitet. Und weiter: Wenn die restlichen 133 Mio. Euro in den nächsten Monaten abgerufen werden, dann sichere das die Liquidität auf Basis des derzeitigen Budgets. Bloß "das Budget für 2009 werden wir verfehlen, dass wissen wir jetzt schon". Daher brauche man jetzt Maßnahmen, um die Liquidität bis zum Closing mit der Lufthansa zu sichern.

Vertriebsschwäche

Einmal mehr verwies Bierwirth auf die Vertriebsschwäche der AUA. "Auch in Deutschland, der Schweiz und Österreich", wo die AUA verliere. Daher werde es auf "Monopolstrecken Preisnachlässe geben". Dennoch sie es fraglich, ob trotz des Preisverfalls die Menge in gleichem Umfang steige. Kollegen von der Lufthansa hätten ihm gesagt, bei ihnen sei das nicht der Fall. Das, so Bierwirth, sei einmalig an dieser Krise.

Zu massiven Einbußen kam es bei den Top-10-Firmenkunden der AUA, die bisher den größten Ertrag brachten: Bei der Voest verbuchte die AUA im November ein Minus von 37 Prozent, bei der Bank Austria waren es gar minus 51 Prozent, obwohl bei den Firmen die wirkliche Änderung der Reiseregeln erst im Jänner einsetzte. Selbst Beraterfirmen wie McKinsey und PvC, die bisher immer mit Netzwerk-Carriern Businessclass flogen "neigen zu Billigairlines und fliegen zu internen Meetings Economy, das gab es zuletzt vor 30 Jahren", gestand Bierwirth.

Selbst die Fracht, immer ein Vorläufer des Passagiergeschäfts, gibt wenig Hoffnung: Bis Oktober war man noch im Budget, dann kam der Einbruch: Im November sank das Volumen um elf Prozent, im Dezember um 17 Prozent und im Jänner sogar um 30 Prozent.

Baia Mare in Bulgarien wird ab 16. Februar eingestellt, was Bierwirth persönlich bedauere, weil es zum Focus East gehört. "Aber wir fliegen dort mit acht oder neuen Gästen, und das geht sich nicht aus." Um gegenzusteuern, werden die Preise gesenkt und verkaufsfördernde Maßnahmen bei den Reisebüros gesetzt.

Mehr Billigtickets

So sollen mehr 99-Euro-Tickets auf den Markt kommen, um die Menge zu halten. Mit billigen Tickets sollen Verkehrsströme nach Wien geleitet werden. Bierwirth: "Von Düsseldorf nach Barcelona fliegt man logischerweise nicht über Wien. Wenn wir aber bis zuletzt um 100 Euro billiger sind als die Lufthansa oder Air Berlin, dann fliegt man über Wien."

30 bis 40 Mio. Euro sollen die Lieferanten der AUA nachlassen, 20 bis 30 Mio. im Haus gefunden werden und um 50 Mio. (zehn Prozent) die Personalkosten gesenkt werden. 110 Mio. müssen bis zum Closing mit der Lufthansa gespart werden. Zum Schluss wurde selbstbewusst versichert, dass niemand von den bisher genannten Namen in den AUA-Vorstand kommen werde. "Wir werden bleiben, wenn wir erfolgreich sind", so das Führungsduo. (Claudia Ruff, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 5.2.2009)