Klagenfurt - "Valoss'n, valoss'n, valoss'n bin i, wia da Stein auf da Strass'n ..." Die zweite, inoffizielle Kärntner Landeshymne trifft wohl am deutlichsten die Kärntner Gefühlslage, untermalt von vielstimmiger Trauerklage.
Auf tragische Weise "valossn" hat Kärnten auch sein Landeshauptmann und glorifizierter "Anführer" Jörg Haider, der bei einem Unfall in trunkenem Zustand tödlich verunglückte. Am 1. März bei den Kärntner Landtags-, Gemeinderats- und Bürgermeisterwahlen steht nun seine politische Erbmasse zur Verteilung an. Sechs Parteien, BZÖ, SPÖ, ÖVP, FPÖ, Grüne und KPÖ, treten landesweit an, im Wahlkreis Klagenfurt gibt es mit der "Liste Stark" und der Gaddafi-Partei Österreichs (GPÖ) acht Bewerber.

Theoretisch könnte in Kärnten damit wohl einiges in Bewegung kommen, praktisch dürfte sich aber wenig ändern: Kärnten ist ein Gefühlsland und die Kärntner Bevölkerung scheut Veränderung. So nimmt die Verehrung des verstorbenen Landeshauptmannes geradezu kultische Ausmaße an. Gute Voraussetzungen also für Haiders Neugründung BZÖ.

Dass man dem Parteinamen auch die Bezeichnung "Liste Jörg Haider" hinzufügte, hat nicht nur damit zu tun, den Kärntner Wählern zu suggerieren, sich "jetzt erst recht" auf das verflossene segensreiche Wirken des Toten zu besinnen, als vielmehr den ersten Listenplatz auf dem Wahlzettel zu ergattern. Denn vor fünf Jahren trat BZÖ-Gründer Haider ja mit der FPÖ an, und noch immer bestehe Verwechslungsgefahr, heißt es aus der Kärntner Wahlrechtsabteilung. In Umfragen kann sich das BZÖ nach wie vor als stärkste Partei behaupten - orchestriert von Haider-Witwe Claudia, die als politische Testamentsvollstreckerin ihres Mannes bei fast allen Partei- und Landesveranstaltungen auftritt.

"Jetzt erst recht" für Jörg

Dass mit Mario Canori, dem Spitzenkandidaten der FPÖ, noch weitere bei der Hofübergabe übergangene BZÖ-Mitstreiter in die blaue "Heimatpartei" übergelaufen sind, verunsichert viele Orange, doch noch wiegt die Treue zum verstorbenen Jörg schwerer als die reumütige Rückkehr zu den Blauen, die sich ebenfalls an Haiders Erbmasse bedienen und das BZÖ inhalieren wollen. Ihr Einzug in den Landtag gilt wegen der Senkung der Wahlhürde auf fünf Prozent als sicher. Doch Canori peilt auch einen Regierungssitz an.
BZÖ-Spitzenmann und Haider-Nachfolger Gerhard Dörfler hat sich als Fettnäpfchenkönig und (schlechter) Witzereißer schwer beschädigt, doch bei der Mehrheit des Kärntner Wählervolkes dürfte das wohl unter Narrenfreiheit fallen, schließlich ist ja Fasching.

Nicht lustig findet das die politische Konkurrenz, die Dörfler Format und Fähigkeit für das Amt des Landeshauptmannes abspricht. Das könnte nach der Wahl die Stunde des Uwe Scheuch werden, der als Kärntner BZÖ-Obmann mit seinem Bruder Kurt im BZÖ die Fäden zieht und aus altfreiheitlichem Parteiadel stammt.

Haiders Tod eröffnet der SPÖ erstmals seit zwanzig Jahren die Chance, den 1989 an ihn verlorenen Landeshauptmann-Sessel zurück zu erobern. Das lässt sogar die notorischen Parteirebellen schweigen. Umso mehr, als die Kärntner Sozialdemokraten derzeit nur knapp hinter dem BZÖ liegen.
Schon sieht man die orange "Stammtischhoheit" während Haiders Lebzeiten zumindest in eine orange-rote "Stammtischgleichheit" verwandelt. Doch für Parteichef und Spitzenkandidat Reinhart Rohr, der mit Sachpolitik punkten will, liegen die Karten eher schlecht, denn BZÖ, ÖVP und FPÖ vereinte bis vor kurzem die Absage an einen roten Landeshauptmann. Bei einem roten Querverbinder in die blaue FPÖ könnte das schon wieder anders aussehen, vorausgesetzt die SPÖ gewinnt die Wahl deutlich. So kann sich FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache auch in Kärnten wie zuvor schon in Salzburg eine rot-blaue Zusammenarbeit vorstellen, was prompt auf Gegenliebe bei Teilen der SPÖ fiel.

Bittere Hinterlassenschaft

Die ÖVP mit Josef Martinz an der Spitze präsentiert sich als Partei mit Wirtschaftskompetenz. Sie kommt damit gegenüber dem Ergebnis 2004 nicht recht vom Fleck, auch mit rechten Rülpsern zu Asylpolitik und zweisprachigen Ortstafeln nicht. Zünglein an der Waage dürfte die VP dennoch bleiben - in einer Zweier-oder Dreierkoalition.

Der grüne Frontmann Rolf ("Sherlock" ) Holub will sich als Meisterdetektiv der realen Hinterlassenschaft Haiders widmen. Die nüchternen Zahlen verheißen allen Erben Bitteres: Kärntens Schuldenlast liegt bei zwei Milliarden Euro, die Spitalsfinanzierung läuft aus dem Ruder, das Familiensilber ist verkauft und der Zukunftsfonds weitgehend verplant. (Elisabeth Steiner/DER STANDARD-Printausgabe, 4. Feber 2009)