Bild nicht mehr verfügbar.

Papst Benedigt XVI. habe über die Holocaust-Leugnung keine Kenntnis gehabt, sagt der Vatikan. Das wird allerdings angezweifelt.

Foto: Reuters/Bianchi

Der Vatikan hat auf die Empörung um den traditionalistischen Bischof Williamson reagiert: Der Brite müsse die Leugnung des Holocaust widerrufen. Williamsons einschlägige Thesen sind allerdings lange bekannt.

***

Der Vatikan hat den traditionalistischen Bischof Richard Williamson am Mittwoch aufgefordert, seine Leugnung des Holocaust zu widerrufen. Williamson müsse sich "eindeutig und öffentlich" von seinen Äußerungen distanzieren, bevor er wieder voll in die Kirche aufgenommen werden könne, hieß es in einer Erklärung des Vatikans.

Papst Benedikt XVI. hatte kürzlich die seit 1988 bestehende Exkommunikation der vier Bischöfe der ultrakonservativen Piusbruderschaft aufgehoben. Zu diesen gehört auch der Brite Williamson.

In der Erklärung des Päpstlichen Staatssekretariats wird darauf hingewiesen, dass Papst Benedikt XVI. "zum Zeitpunkt der Aufhebung der Exkommunikation" keine Kenntnis von der Leugnung des Holocaust durch Richard Williamson hatte. Die Thesen über die Shoah seien "absolut inakzeptabel" und würden "vom Heiligen Vater entschieden zurückgewiesen".

Für Kirchenexperten klingt es allerdings nicht sehr glaubwürdig, dass Papst Benedikt XVI. über die Ansichten Williamsons nicht Bescheid gewusst hätte. Das jüngste Interview im schwedischen Fernsehen, in dem Williamson gesagt hatte, er glaube nicht an die Existenz von Gaskammern, war nahezu gleichzeitig mit der Aufhebung der Exkommunikation ausgestrahlt worden. Williamson war allerdings bereits früher als Shoa-Leugner aufgefallen. Gerade Ratzinger, der seit 1981 Chef der Glaubenskongregation im Vatikan war, müsste darüber Bescheid gewusst haben.

Bereits im April 1989 hatte Williamson während einer Messe im kanadischen Sherbrooke die Vergasung von Juden im Konzentrationslager Auschwitz geleugnet und behauptet, der Holocaust sei eine Erfindung der Juden. Williamson wurde mit folgen Worten zitiert: "Dort wurden keine Juden in den Gaskammern getötet! Das waren alles Lügen, Lügen, Lügen! Die Juden erfanden den Holocaust, damit wir demütig auf Knien ihren neuen Staat Israel genehmigen."

Auch in dem aktuellen Interview mit dem schwedischen Fernsehen hatte Williamson die Ermordung von sechs Millionen Juden in den Gaskammern der Nazis bestritten. Das Gespräch wurde im November 2008 bei einer Diakonatsweihe im Priesterseminar "Herz Jesu" nahe Regensburg aufgezeichnet und am Tag der Dekret-Unterzeichnung am 21. Jänner vom schwedischen Fernsehsender SVT ausgestrahlt. Dennoch veröffentlichte der Papst zwei Tage später das Dekret.

Komplott gegen den Papst

Der Vatikan hält das Interview mit der Holocaust-Leugnung des Bischofs Richard Williamson nach schwedischen Zeitungsangaben für ein "gezieltes Komplott" des schwedischen TV-Senders gegen den Papst.

Noch am Dienstag hatte der Vatikan die Forderung der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel (siehe Bericht unten) nach einer Klarstellung zurückgewiesen. Eine solche Klarstellung sei unangebracht, sagte Vatikan-Sprecher Federico Lombardi. Die Verurteilung jeder Holocaust-Leugnung durch Papst Benedikt XVI. hätte "nicht klarer sein können".

Williamson ist einer von vier Bischöfen der vom französischen Erzbischof Marcel Lefebvre 1970 gegründeten Priesterbruderschaft St. Pius X. (SSPX), deren 20 Jahre zurückliegende Exkommunikation der deutsche Papst im Jänner aufhob. Lefebvre (1905-1991), der die Lehren des Zweiten Vatikanischen Konzils zur Glaubensfreiheit sowie die 1969/70 eingeführte Liturgiereform ablehnte, hatte 1988 entgegen der Weisung des Heiligen Stuhls vier Männer zu Bischöfen geweiht. Ein derartiger Akt zieht nach Kirchenrecht (can. 1382) die automatische Exkommunikation (excommunicatio latae sententiae) der Beteiligten mit sich.

In der Erklärung des Vatikans vom Mittwoch wird betont, dass die vier lefebvrianischen Bischöfe, deren Exkommunikation aufgehoben wurde, "keine Funktion in der katholischen Kirche und keine Erlaubnis haben, priesterliche oder bischöfliche Dienste in der katholischen Kirche auszuüben". Die "unerlässliche Vorbedingung" für Verhandlungen über eine Anerkennung der "Pius-Bruderschaft" ist die volle Akzeptanz des Zweiten Vatikanischen Konzils und "des Lehramts der Päpste Johannes XXIII., Paul VI., Johannes Paul I., Johannes Paul II. und Benedikt XVI." (dpa, Reuters, KAP, mro/DER STANDARD, Printausgabe, 5.2.2009)