Bunt leuchtet es aus den Fenstern im Hochparterre in der sonst unauffälligen Franz-Emerich-Gasse im 12. Wiener Gemeindebezirk. Nein, kein Kindergarten, wie manche NachbarInnen meinen, sondern Arbeitsartelier und Schauraum. Die Modistin und freischaffende Künstlerin Karin Bergmayer stellt hier seit mehr als zwei Jahrzehnten fernab vom DesignerInnenrummel in Wien Neubau ihre Hutobjekte her und aus.

Foto: derStandard.at/Schersch

ModistInnen fertigen Kopfbedeckungen für Damen: Die Produktpalette umfasst Hüte alle Art, Kappen, Mützen und Haargestecke. Bergmayer hat die Meisterprüfung in diesem Beruf abgelegt, der heute vielen nicht mehr geläufig ist.

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"Um kreativ arbeiten zu können, brauche ich viel Material. Damit kommen auch die Ideen." In Bergmayers Atelier stapeln sich fein säuberlich beschriftete Kisten und Schachteln in den Regalen, die bis an die Decke reichen. In jedem noch so kleinem Fach verbergen sich Kuriositäten, die die Modistin im Laufe der Jahre gesammelt hat, um sie weiterzuverarbeiten.

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In kleinen Laden hat sie ihre Schätze nach Kategorien wie "Insekten" oder "Meerestiere" sortiert. Daneben finden sich dann auch die etwas alltäglicheren "Kunstblumen", die nicht nur auf Kopfbedeckungen Platz finden, sondern auch Grundbestandteile von auffälligen Broschen, Ringen oder Ohrringen sind.

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Dutzende von "Holzköpfen" lagern im Atelier: Sie geben Hüten ihre Form. Unter heißem Dampf werden die Rohlinge, so genannten "Filzstumpen", daraufgespannt. Auf Hutdehnern (Bild) kann die Passform perfektioniert werden.

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"Es ist schwierig geworden, an Rohmaterial zu kommen", sagt Bergmayer. Selbst simple Filzstumpen (links im Bild) muss sie heute übers Internet bestellen. Der Markt für Modistenbedarf ist eben sehr klein - viele Firmen haben in den vergangenen Jahren zugesperrt.

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Außer mit Pelz und Leder arbeitet Bergmayer mit fast jedem Material. Das Hutobjekt im Bild etwa ist aus Hohlschnüren gearbeitet, die man sonst für Grabgestecke verwendet.

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"Meine Weiterentwicklung ist durch Reduktion passiert", sagt die Modistin über ihre Arbeit. "Früher waren meine Kreationen sehr opulent, jetzt sind sie zeitgeistiger geworden." Derzeit arbeitet Bergmayer an Hut- und Kappen-Kleinserien, die von Modellen aus den 40er und 50er Jahren inspiriert sind.

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Österreich ist nicht unbedingt ein Land der Hutkultur. "Aber seit etwa zwei Jahren trauen sich die Leute in dieser Hinsicht etwas mehr", sagt Bergmayer.

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Für KundInnenwünsche hat die Modistin immer ein offenes Ohr. Dabei ist es für sie eine "Ehrensache, nicht zu kopieren": "Ich würde niemals den Entwurf eines anderen übernehmen."

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Bevorzugt halten Schaufensterpuppen aus den 70er Jahren für Bergmayers Hutobjekte den Kopf her. Die "Twiggy-Heads" haben es der Modistin besonders angetan: "Die wirken sehr elegant."

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Bergmayer arbeitet gern "themenbezogen", wie sie sagt. Das Hutobjekt im Bild ist im Rahmen des Projekts "Hommage an die Kesslerzwillinge" entstanden.

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Hutobjekte, Schmuck aller Art: Da war der Sprung zur Handtasche nicht mehr weit. "Erinnerungstaschen" nennt Bergmayer ihre entsprechende Kollektion, in die sie alte, zerrissene Fotos aus den 30er Jahren eingearbeitet hat: "Die habe ich durch Zufall in einem Papiercontainer entdeckt, als ich selbst etwas weggeworfen habe. Ich bin eben eine Recyclerin."

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Ihre Philosophie dahinter: "Dinge, die übermäßig produziert werden, zu retten." Das macht Bergmayer mitunter auch mit Hilfe ihrer "Images Rassemblés", 3-D-Bildern, die sie aus unterschiedlichsten Materialien zusammenklebt oder -näht.

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Daneben blicken im Schauraum die so genannten "Kunstkrickerl" von den Wänden, Jagdtrophäen, denen die Künstlerin Gesicht und Namen gibt und damit "zu neuem Leben erweckt." Einer von Bergmayers "ironischen Gedanken" zur Alltagswelt, die sie in Hut- und Kunstobjekten zum Ausdruck bringt.

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Karin Bergmayer
Hutobjekte

Franz Emerich-Gasse 3/6
1120 Wien
Tel, Fax: +43-1-8100107
Öffnungszeiten gegen Voranmeldung

www.hutobjekte.at

Text: Nicole Bojar, Fotos: Ursula Schersch

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