Cambridge - Chinas Staatsmedien haben den Schuhwurf auf Ministerpräsident Wen Jiabao bei einer Rede in der britischen Universitätsstadt Cambridge verschwiegen. Das Außenministerium in Peking protestierte am Dienstag aber gegen das "verabscheuungswürdige Verhalten" des Werfers.

"Ein Mann hat verzweifelt versucht, die Ordnung im Saal und die Rede zu stören. Sein Verhalten stieß auf energischen Widerstand des ganzen Publikums. Er wurde ausgebuht und abgeführt", erklärte das Ministerium in seiner Version des "Zwischenfalls", ohne den Schuhwurf selbst zu erwähnen, der an eine ähnliche Attacke auf US-Präsident George W. Bush im Dezember in Bagdad erinnerte.

Der 27 Jahre alte Schuhwerfer muss sich in der kommenden Woche in Großbritannien vor Gericht verantworten. Ihm werde Störung der öffentlichen Ordnung vorgeworfen, sagte eine Polizeisprecherin. Angaben zur Nationalität des Mannes machte sie nicht. Der Turnschuh hatte Wen Jiabao nicht getroffen, sondern war ein Stück entfernt von ihm auf dem Boden einer Bühne gelandet. Der Regierungschef kommentierte auf Chinesisch: "Diese verachtenswerte Tat kann die Freundschaft zwischen dem chinesischen und britischen Volk nicht aufhalten." Wen Jiabao befand sich auf einem dreitägigen Besuch in Großbritannien. Schon am Wochenende war es vor der chinesischen Botschaft in London zu Protesten gegen Chinas Tibet-Politik gekommen.

In China sprachen die amtlich kontrollierten Medien und Webportale nur von einer "Störung" der Rede. Allein eine Finanz-Webseite erwähnte den Schuhwurf in einer längeren Geschichte über Arbeitslosigkeit in China durch die Wirtschaftskrise nur mit einem Satz, so dass es der Zensur möglicherweise nicht aufgefallen war. (APA/ag.)