Barack Obama hat das Dekret mit großer Geste unterzeichnet. Alle Welt sollte sehen, dass die USA wieder auf den Weg des Rechts zurückgekehrt waren und nichts mehr mit Folter, Entführungen und staatskriminellen Machenschaften zu tun haben wollten. Wenige Tage nach Amtsübernahme und entsprechendem „executive order" des neuen Präsidenten kommt nun jedoch heraus, dass sich die Sache nicht so einfach darstellt, wie es die US-Regierung zu insinuieren versucht hatte.

Die Argumentation Washingtons, dass die Geheimdienste auch Mittel zur Verfügung haben müssten, die in der Tat oft besser geheim bleiben sollten, mag nachvollziehbar sein. Gerade im Zusammenhang mit den USA allerdings sticht sie nicht mehr. Nach acht Bush-Jahren mit 1200 geheimen CIA-Flügen über Europa, strategisch eingesetzter Folter, jahrelanger Internierung Terrorverdächtiger ohne Anklage, aber dafür mit windigen Militärtribunalen - mithin nach der Verletzung aller rechtsstaatlichen Standards, kann sich Washington in dieser Frage keinerlei Zweifel mehr erlauben.

Auch aus eigenem Interesse. Denn die Fragen für die neue US-Regierung lauten: Was bringt realpolitisch mehr? Fragwürdige Informationen möglicher Terroristen oder ein erneut weltweit ausstrahlendes Image der USA als Verteidiger von Freiheit und Recht? Die Antwort darauf hat die CIA bereits selbst gegeben. Das weiterhin erlaubte Programm geheimer Entführungen sei wichtig, heißt es. Aber es sei auch von limitiertem Wert für die Sammlung von Informationen. Warum dafür den neu erworbenen guten Ruf riskieren? (DER STANDARD, Printausgabe, 3.2.2009)