Im Gegensatz zur Wirtschaft können sich Österreichs Staatsanwälte nicht über rückläufige Aufträge beschweren. Im Gegenteil: Seit die Anklagebehörde im Rahmen der Strafprozessnovelle vor einem Jahr jedes angezeigte Delikt von Anfang an betreut, ist der Arbeitsaufwand enorm gestiegen. Der Personalstand ist hingegen gleich geblieben.

Am härtesten trifft es als größte Strafverfolgungsbehörde die Staatsanwaltschaft Wien, wo es 90 Planstellen für Staatsanwälte und 42 für Bezirksanwälte gibt. Letztere sind nicht-akademische Mitarbeiter, die bei den Bezirksgerichten in kleineren Strafrechtssachen (Strafausmaß unter einem Jahr) Fälle behandeln. Pro Werktag kommen an die 1000 Anzeigen in die Einlaufstelle der Staatsanwaltschaft, pro Jahr sind das rund 210.000 Fälle. Und es werden sicher nicht weniger Delikte, denn große Gesetzesvorhaben wie neuerliche Verschärfungen gegen Kinderpornografie, gegen Kinderhandel, gegen Korruption und das geplante Gewaltschutzgesetz Nummer zwei werden eben gewollte Wirkung zeigen.

Der Polizei wurden im Regierungsübereinkommen an die 1000 Beamte mehr zugesichert. Doch hoppla, auf die Personalsituation bei der Staatsanwaltschaft haben SPÖ und ÖVP völlig vergessen. Auch die neue Staatsanwaltschaft gegen Korruption ist mit nur fünf Mitarbeitern in ihre erste Saison gestartet, weil im Finanzministerium anscheinend andere Prioritäten gelten. Es hat fast den Anschein, dass nach einer Reihe von politischen Strafverfahren in jüngerer Zeit die Staatsanwaltschaft bewusst ausgepowert werden soll. (Michael Simoner, DER STANDARD - Printausgabe, 2. Feburar 2009)