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SCEE-Boss David Reeves: "Wenn wir die kommenden sechs oder sieben Monate überstehen, werden wir im September und Oktober einen massiven Aufschwung erleben"

 

Die PS3-Highlights des Jahres:

REUTERS/Hannibal Hanschke

God of War III

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Heavy Rain

InFamous

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Killzone 2

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Uncharted 2: Among Thieves

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Den japanischen Elektronikkonzern Sony hat die Wirtschaftskrise voll getroffen. Zum ersten Mal seit 14 Jahren rutscht man in die roten Zahlen. Der prognostizierte Gesamtjahresverlust (März 2008 bis März 2009) wird auf rund 1,3 Milliarden Euro geschätzt.

Die Gründe dafür sind vielfältig. Neben dem schwachen US-Dollar, der auch den asiatischen Mitbewerbern Toshiba, Panasonic und Samsung ein Minus bescherte, machte Sony vor allem die geringere Nachfrage nach Fotokameras, Fernsehern und Mobiltelefonen zu schaffen. 16.000 Mitarbeiter plant man nun in den kommenden Monaten zu entlassen, um jährlich etwa 850 Millionen Euro einzusparen. Die Managementebene ist ebenso betroffen, wie die Arbeiter der fünf oder sechs TV-Fabriken, die zugesperrt werden.

Games

Der Profit der ebenfalls schwer gebeutelten Videospielsparte schmolz im vergangenen Quartal von einem Plus von 144 Mio. US-Dollar von 2007 auf magere 4 Mio. Dollar. Für das Geschäftsjahr prognostiziert Sony 8 Mio. PS2s und und 15 Mio. PSPs abzusetzen – jeweils 1 Mio. Stück weniger als im Jahr davor. Die PS3 wird die 10 Millionen-Marke aus dem Vorjahr lediglich halten können. Das leichte Plus konnte dem Konzern nach durch Einsparungen bei den Produktionskosten für die PS3 gesichert werden.

Die Softwareverkäufe bei PS2 und PSP brachen im wichtigsten Quartal des Jahres um 51 und 15 Prozent ein, die PS3 hingegen setzte mit 40,8 Millionen Einheiten um 57 Prozent mehr Spiele als im Vergleichszeitraum ab.

Gute Technik, kein Vorteil

Der Marktanteil der PS3 konnte hingegen nicht ausgebaut werden. Analysten machen dafür den vergleichsweise hohen Preis der Konsole von rund 400 Dollar verantwortlich, nachdem Hauptkonkurrent Microsoft den Einstiegspreis der Xbox 360 zum Weihnachtsgeschäft auf 200 Dollar senkte und Nintendos Wii mit 250 Dollar zuvor schon deutlich billiger war. Die Argumentation, eine PS3 sei im Vergleich zu einer ähnlich gut ausgestatteten Xbox 360 (auch ohne Blu-ray-Laufwerk) günstiger, käme in wirtschaftlich schlechten Zeiten nicht zum Tragen.

Überleben

Laut Sony Computer Entertainment Europe (SCEE)-Boss David Reeves wird man beim Preiskampf auf in Zukunft nicht viel aggressiver mitmischen können, da es das oberste Ziel sei, ein profitables Geschäft aufzubauen. Eine Preissenkung dürfte mit einer weiteren Senkung der Fertigungskosten zwar folgen, die PS3 wird aber auch künftig die teuerste Konsole am Markt bleiben. "Wenn wir die kommenden sechs oder sieben Monate überstehen, werden wir im September und Oktober einen massiven Aufschwung erleben", so Reeves in einem Interview mit dem Online-Magazin Eurogamer.

Vermarktungsschwierigkeiten

Eine der größten Sorgen bereitete der Marketing-Abteilung des einstigen Branchenprimus von Anfang an, die PS3 am Markt zu positionieren. Die Xbox 360 erschien 2005 – ein Jahr früher – und warb klar um die Gunst der Hardcore-Gamer. Die Wii versuchte erst gar nicht mit technischen Spezifikationen und HD-Grafik aufzutrumpfen und adressierte mit intuitiver Steuerung und Party-Spielen die breite Masse. Und die PS3? Ein "Supercomputer" als Spielkonsole, ein Blu-ray-Player, ein Medienzentrum fürs Wohnzimmer mit Internet-Browser und Videotelefonie oder doch das ultimative Spielzeug für Tüftler, das auf standardisierte Schnittstellen setzt und sogar Linux unterstützt. Im Geburtsjahr 2006 bzw. 2007 in Europa entbrannte ein Chaos an der Werbefront . Sollte nun Blu-ray beworben werden, die medialen Fähigkeiten und die Online-Möglichkeiten über das PlayStation Network (PSN) oder doch "nur" das Spieleangebot? Die Mischung, die dabei herauskam, hatte zur Folge, dass der eigentliche Schwerpunkt – die Spiele – unterging und die Konsumenten erst recht nicht über den Mehrwert bescheid wussten oder schlicht nichts damit anfangen konnten.

Konsolenkrieg

Mitbewerber Microsoft hatte 2007 leichtes Spiel die Xbox 360 als Gaming-Plattform Nummer Eins zu bewerben, die eine ehemalige PlayStation-Produktion, angeführt von GTA IV, nach der anderen auch bieten würde. Spätestens 2008 erkannte dies Sony und vertraute auf exklusive Titel wie Metal Gear Solid 4. Im ersten Halbjahr ging die Strategie auf, als Microsoft dann den Preis seiner Konsole um 100 Dollar herabsetzte, griff die Mehrheit der Konsumenten im Weihnachtsgeschäft wieder zum Produkt des Softwaregiganten. Nintendos Wii spielt weiterhin in einer eigenen Liga. Zwischenstand im Krieg der Konsolen nach verkauften Einheiten: Wii ca. 45 Mio. – Xbox 360 rund 28 Mio. – PS3 rund 20 Mio.

Muskelspiel

Mehr als in den Jahren davor, will Sony die Kundschaft 2009 nun davon überzeugen, dass man eine PS3 haben muss, um die angesagtesten Titel dieser Konsolengeneration spielen zu können. Bei einem 10-Jahre-Fahrplan vielleicht gerade noch rechtzeitig, möchte man nicht all zu viele Marktanteile verlieren.

"Unser Ziel ist es 15 bis 20 Eigenproduktionen bis 2010 zu haben", sagt Reeves und betont dabei nicht mehr auf Abkommen mit Drittherstellern angewiesen sein zu wollen, die es sich bei gegebener Installationsbasis ohne große Zuzahlungen nicht mehr leisten können, nur für eine Plattform zu entwickeln.

Highlights

Sony schöpft nun aus den Vollen. In den erfolgreichen Jahren der PS2 und PS1 hat der Konzern mehr Studios aus dem Boden gestampft als die beiden Mitbewerber zusammen. Wenigstens fünf Blockbuster-Produktionen gelten für 2009 als gesichert, die mit dem Shooter "Killzone 2" Ende Februar eingeleitet werden. Das Superhelden-Epos "InFamous" soll im Frühjahr erscheinen, das Adventure "Heavy Rain" leutet zusammen mit "Uncharted 2" den Herbst ein, "God of War 3" lässt dann auch nicht mehr lange auf sich warten. Etwas unklar ist noch der Release von "MAG", dem Multiplayer-Shooter für bis zu 256 Spieler gleichzeitig. Für den japanischen Markt erscheinen dieses Jahr noch die Rollenspiele "White Knight Chronicles" und "Final Fantasy XIII", das sich Sony exklusiv für das Heimatland sichern konnte. (Zum Vergleich: Microsoft hat bislang nur zwei Titel angekündigt: "Halo Wars" und Shooter-Addon "Halo: ODST", "Alan Wake" ist noch nicht gesichert.)

Jedem der Titel wird vor allem auch deshalb besonderes Augenmerk geschenkt werden, weil der Konzern an so mancher Stelle anklingen ließ, dass zum ersten Mal nun gezeigt würde, was wirklich in der Hardware steckt. Ein großes Versprechen, zumindest mit "Killzone 2" dürfte man es geschafft haben, will man den ersten Tests Glauben schenken.

Online

Laut Reeves werde die eine oder andere Überraschung erst zur E3 und zur Games Convention enthüllt. Begleitet wird das Line-up wieder von zahlreichen Download-Games für die ganze Familie – die Interessantesten darunter könnten das virtuelle Haustier "EyePet" und das berieselnde "Flower" sein. Zahlreiche Zusatzinhalte für "LittleBigPlanet" gelten als so gut wie sicher.

Als Europäer und vor allem Österreicher ist man es gewohnt, dass die Online-Video-Stores – sei es bei Sony, Microsoft oder Apple – nicht zur Verfügung stehen. Alle scheinen daran zu arbeiten, wann es soweit sein wird, traut sich aufgrund der rechtlich oft komplizierten Lage niemand zu sagen. Immerhin soll im Sommer auf der PS3 ein kostenloser Musikvideo-Dienst starten. "VidZone" könnte dann zum technischen Schmankerl auf Partys werden.

Zentrales Geschäft

Für Sonys PS3 ist 2009 so etwas wie ein Schicksalsjahr. Der Konzern muss seinen Marktanteil ausbauen, soll der Plan aufgehen, die Konsole zum Zentrum des Wohnzimmers zu machen. Indirekt abhängig von deren Erfolg ist auch ein Gutteil der anderen Sony-Produkte. Blu-ray führt hier die Liste an, aber genauso profitiert das Geschäft mit HD-Fernsehern und Heimkino-Soundsystemen von einem hohen Verbreitungsgrad der PS3.

Die folgenden Monate sind kritisch für den Verbleib der Konsole und das einstige Standbein des Elektronikgiganten. Ein breites Spiele-Line-up, dass mittlerweile, wie bei der Konkurrenz, von sämtlichen Drittherstellern gestützt wird, sowie eine möglichst rasche Preissenkung könnten die Schlüssel zum Erfolg sein. Bis dahin schillert das Ziel, wie einst die stärkste Videospiel-Plattform am Markt zu stellen, noch in weiter Ferne. (Zsolt Wilhelm, derStandard.at, 1.2.2009)