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September 1995, im Weißen Haus in Washington: Yitzhak Rabin (Israel), Hosni Mubarak (Ägypten), König Hussein (Jordanien), Bill Clinton (USA) und Yassir Arafat (Palästina) adjustieren sich für die Unterzeichnung des Oslo-2-Friedensvertrags.

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George Bushs halbherziger Versuch 2007, Ehud Olmert und Mahmud Abbas zum Frieden zu zerren.

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Wurde im Gazastreifen auch die Hoffnung auf eine Zwei-Staaten-Lösung zerstört? Und was würde das für Israel bedeuten: Besatzer auf ewig oder das Ende des heutigen Judenstaats? Von Gudrun Harrer

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Es ist also vorbei, man reibt sich die Augen und versucht, das verschwommene Bild scharfzustellen. Jetzt werden die Soll-und-Haben-Rechnungen gemacht beziehungsweise gefälscht, denn Sieger sind sie natürlich, wie immer, alle. Die militärischen Ziele wurden erreicht, nicht erreicht, die Hamas liegt am Boden, nicht am Boden. Im Nahen Osten stimmt alles und nichts, und das gleichzeitig.

Vielleicht treten ja paradoxe Folgen ein wie nach Israels Libanon-krieg im Jahr 2006, der, obwohl die militärischen Ziele verfehlt wurden, andererseits doch zu einer Befriedung der israelisch-libanesischen Grenze führte: durch innenpolitische Gewinne der Hisbollah im Libanon - die sie jetzt nicht verlieren will, weswegen sie auch während des Gaza-Konflikts stillhielt. Man wird erst in den nächsten Monaten klarer sehen (vielleicht zum Glück für die jetzige israelische Regierung, die sich am 10. Februar den Wahlen stellt), was die israelische Offensive für den politischen Stand der Hamas bedeutet. Im Moment sieht es jedoch nicht so aus, als würde die Zukunft des Gazastreifens einfach über deren Kopf hinweg entschieden, als hätte der Militärschlag die Relevanz der Hamas weggebombt.

Die Zukunft? Noch ist man beim Zählen der Verluste, was bei der Europäischen Union direkt ins Zahlen übergehen wird, erst einmal wurden 58 Millionen Euro bereitgestellt, ohnehin Peanuts. Mit Diskretion behandelt wird, dass ein großer politischer Erfolg der israelischen Diplomatie des Jahres 2008 verpufft ist: Die bereits vereinbarte Aufwertung der EU-israelischen Beziehungen muss warten. Die EU habe jetzt "andere Prioritäten", heißt es säuerlich in Brüssel.

Ein jeder hat seine eigenen Kostenrechnungen. Ein indischer Thinktank, die "Strategic Foresight Group", kommt gerade mit einer Studie heraus, für die sie unter anderem die "opportunity costs" der Konflikte im Nahen Osten seit 1991 berechnet hat: also das, was die durch Kriege versäumte wirtschaftliche Entwicklung die einzelnen Länder gekostet hat, festgemacht am Bruttoinlandsprodukt.

Die Kosten des Konflikts

Demnach hat Saudi-Arabien mit 4,5 Billionen Dollar in absoluten Zahlen am meisten Geld verloren, der Irak hat, gemessen an der Größe seiner Volkswirtschaft, die höchsten Verluste: Das BIP könnte dort heute 30-mal so hoch sein, als es ist, sogar 50-mal, wenn man auch noch die 1980er-Jahre (Iran-Irak-Krieg) mit einrechnet. Aber auch Israel trägt schweren Schaden davon, und über die steckengebliebene palästinensische Wirtschaft breitet man besser den Mantel des Schweigens: Allein über 100 Millionen Arbeitsstunden haben Palästinenser demnach seit dem Jahr 2000 durch das Warten an Checkpoints zwischen Ramallah und Jerusalem verloren. Gewisse andere "Kosten" für die Volkswirtschaft - etwa die von toten Kindern - werden aus ethischen Gründen nicht berechnet.

Historische Gelegenheit 1991

Kritik an der Methodologie wird, wie meist bei Studien, die sich mit Hypothesen befassen, nicht ausbleiben, aber, auch weil sie ohne Schuldzuweisungen auskommt, wird niemand die prinzipiellen Ergebnisse infrage stellen. Die Autoren erklären auch, warum sie das Jahr 1991 als Ausgangsbasis für ihre Verlustmessungen gewählt haben: "Wir glauben, dass die Konferenz von Madrid eine historische Gelegenheit gewesen wäre, die Geschichte des Mittleren Ostens in eine andere Richtung zu lenken", schreibt Sundeep Waslekar, der Präsident der "Strategic Foresight Group" in seiner Einleitung.

1991, das Jahr des Golfkriegs: Im Herbst schickten die USA gemeinsam mit der gerade noch existierenden UdSSR die Einladungen für eine erste israelisch-arabische Friedenskonferenz aus, zur mäßigen Begeisterung Israels, das erstmals offiziell mit Palästinensern zusammensaß, auch wenn diese zu einer "jordanisch-palästinensischen" Delegation gehörten: nur um Gottes Willen nicht zur PLO.

Was in Madrid in den offiziellen Stand erhoben wurde und was heute für manche Beobachter in den Schubladen der Geschichte zu landen droht, war die Erkenntnis der internationalen Gemeinschaft, dass nur ein eigener palästinensischer Staat (auch wenn man damals noch vor dem Wort zurückschreckte) Israelis und Palästinensern Frieden bringen könne. "Land gegen Frieden" war die Formel: die "Zwei-Staaten-Lösung". 17 Jahre danach lässt sich die laufende Debatte gut im Titel eines Artikels in der israelischen Tageszeitung Ha'aretz von Dienstag wiedergeben, der den in Israel unbeliebtesten US-Präsidenten der Geschichte zitiert: "Israel geht ohne Palästinenserstaat auf eine 'Katastrophe' zu, sagt Jimmy Carter."

Seit Jahren warnen Beobachter davor, dass das Zeitfenster langsam zugeht, das zwischen der oben erwähnten Erkenntnis und dem Punkt liegt, wo irreversible Fakten "am Boden" einen Palästinenserstaat nicht mehr zulassen werden. Der israelische Politologe Gershon Baskin schreibt im Dezember in der Jerusalem Post über ein Gespräch mit einem der besten israelischen Kenner der palästinensischen Gebiete, Danny Rubinstein, der meint, die "binationale Realität" im Westjordanland habe sich wahrscheinlich bereits zu einem "point of no return", einem Punkt ohne Wiederkehr, entwickelt. Das ließe sich nicht mehr rückbauen.

Für diesen Fall, nämlich dass es keinen Palästinenserstaat, in welcher Form auch immer, geben wird, sondern ein binationales Israel im israelischen Kerngebiet und in den 1967 eroberten Palästinensergebieten, zählen Autoren im Wesentlichen drei Möglichkeiten für die Zukunft Israels auf.

Die unten als erstes genannte Variante eines binationalen Staates findet eine stetig wachsende Zahl von Befürwortern, besonders unter palästinensischen Intellektuellen, die den palästinensischen Nationalismus als gescheitert ansehen. Es gibt aber auch israelische Verfechter - zu deren historischen Vordenkern übrigens Martin Buber zählt.

1. Ein demokratischer binationaler Staat, in dem alle Bewohner, auch die palästinensischen, die gleichen (Stimm-)Rechte haben. Angesichts der demografischen Fakten - des schnelleren Wachstums der arabischen Bevölkerung - wäre das gleichzeitig das Ende des Staates Israel von und für Juden, Israel würde ein "normaler" demokratischer Staat.

2. Ein Staat, in dem die demografische Überzahl der Juden mit künstlichen Mitteln aufrechterhalten wird, was wohl auf eine Ausweisung von Palästinensern hinauslaufen würde.

3. Ein binationaler Staat unter Beibehaltung des Status quo, das heißt, keine gleichen Rechte für Juden und Palästinenser. Letztere würden sich damit aber sicherlich nicht auf Dauer zufriedengeben und für ihre Bemühungen um demokratische Rechte mit der Unterstützung der internationalen Gemeinschaft rechnen können.

Die dramatische Version dieser dritten Möglichkeit wird als "Apartheid"-Regime beschrieben, eine Zementierung und Ausweitung der Verhältnisse im Westjordanland, wo mehr als 450.000 (Ostjerusalem eingerechnet) israelische Siedler und Palästinenser schon heute wie auf zwei separaten Planeten mit völlig ungleichen Rechten leben. Auf lange Sicht würden wohl auch Sektoren der palästinensischen Gesellschaft zur Gewalt zurückkehren, die ihr bereits abgeschworen haben. Den radikalen Rändern auf beiden Seiten wäre das nicht unrecht.

Nicht überraschend, dass israelische Wahlkämpfer des mittleren und linken politischen Spektrums die für die meisten Israelis gleich schrecklichen drei Vorstellungen dazu benützen, um vor den Parlamentswahlen gegen einen möglichen Likud-Premier Benjamin Netanyahu zu mobilisieren. Mit ihm sei eine Zwei-Staaten-Lösung vom Tisch, denn er sei nicht bereit, den Palästinensern so viel zu geben, dass ein gangbarer Staat zustande kommen könnte.

Dass Israel heute das ganze Westjordanland aufgeben könnte, ist dabei nicht einmal mehr die Frage, jeder weiß, dass das nicht passieren wird: Aber auch wenn "nur" die großen Siedlungsblöcke von Israel annektiert würden (im Gegenzug eines Landtauschs, mit dem die Palästinenser kompensiert werden könnten), müssten etwa 100 Siedlungen, in denen an die 100.000 Siedler wohnen, geräumt werden. Die Angst vor einer bewaffneten Auseinandersetzung mit ihnen - die auch die israelische Armee spalten könnte - ist groß. Welche(r) israelische Premierminister(in) ist nicht nur willens - wie die Kadima-Spitzenkandidatin Zipi Livni wiederholt signalisiert hat -, sondern auch fähig, diesen Schritt tatsächlich zu machen?

Leichter ist es da schon für einen "zukünftigen Expremier". Nur wenige Stunden, nachdem er Ende September 2008 seinen Rücktritt wegen Korruptionsvorwürfen bekanntgegeben hatte (der die Neuwahlen am 10.Februar brachte), gab Ehud Olmert der Tageszeitung Yedioth Ahronoth ein Interview, das später mit gutem Grund in der New York Review of Books teilweise nachgedruckt wurde.

Es ist nicht so sehr, was Olmert sagt, sondern die Luzidität, fast Brutalität, mit der er es sagt, die ja auch den Großteil seines Lebens als Politiker infrage stellt. Er sei, so sagt Olmert etwa, nicht "bereit gewesen, die Tiefe der Realität" zu begreifen, als er als Bürgermeister von Jerusalem versucht habe, israelische Kontrolle "über die gesamte Stadt" Jerusalem (das heißt auch über das annektierte Ostjerusalem) auszuüben. Wer das wolle, müsse "270.000 Araber in die Grenzen Israels hereinnehmen. Das geht nicht. Wir müssen eine Entscheidung fällen."

Ebenso sei der Golan nicht zu halten. "Ich möchte wissen, ob es eine ernstzunehmende Person im Staat Israel gibt, die glaubt, dass wir mit den Syrern Frieden schließen können, ohne am Ende die Golanhöhen aufzugeben."

Olmert spricht selbst an, dass er "genau vor dreißig Jahren, als Menachem Begin aus Camp David zurückkehrte", gegen den Friedensvertrag mit Ägypten stimmte, der die Rückgabe des Sinai beinhaltete. Heute erkenne er das Genie Menachem Begins: "Er hat am Ende angefangen. Er sagte zuerst: 'Ich bin bereit, aus dem gesamten Sinai abzuziehen. Nun lasst uns verhandeln'."

Ohne diesen zu nennen, gibt der frühere Likud-Mann Olmert damit auch posthum dem 1995 von einem israelischen Rechtsextremisten ermordeten Arbeiterpartei-Premier Yitzhak Rabin Recht: Auch wenn die Details umstritten sein mögen, was als "Rabin-Deposit" in die Geschichte der syrisch-israelischen Verhandlungen eingegangen ist, war eine prinzipielle israelische Bereitschaftserklärung, den Golan zu räumen. Die Frage an Syrien war: Was seid ihr bereit, dafür zu geben?

Palästinenser als Priorität

Die Verhandlungen scheiterten im Jahr 2000 unter Ehud Barak und nach einer eher unglücklichen Intervention von US-Präsident Bill Clinton. Sie gingen aber auch deshalb ins Leere, weil der syrische Präsident Hafiz al-Assad es sich nicht leisten zu können glaubte, Israel adäquate Gegenleistungen zu bieten, solange die Palästinenserfrage ungeklärt war. Und sie bleibt auch heute Priorität - und bis vor kurzem stand außer Frage, dass der einzig gangbare Weg die Zwei-Staaten-Lösung sei.

Diese war ja auch bereits in der Balfour-Deklaration, die 1917 zur Schaffung eines "Jewish national home" in Palästina aufrief, implizit angelegt. Keine der beiden "Parteien" war damals und später glücklich, das Land mit der anderen teilen zu müssen - wobei der UNO-Teilungsplan 1947 auf der israelischen Seite auf realistischen Pragmatismus, auf der palästinensisch-arabischen auf totale Ablehnung stieß. Die 1948 nach dem arabischen Angriff erzielten Landgewinne stellte niemand ernsthaft infrage, für Israel, den Zufluchtsort der Holocaust-Überlebenden, auch ein territorialer Befreiungsschlag, drei Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs, als das Ändern der Landkarten noch Usus war.

Trotz aller verlorenen Kriege der Araber dauerte es bis in die 1980erJahre und länger, bis bei den Palästinensern die Realität nicht nur aus taktischen Gründen akzeptiert, sondern im von dieser Realität gesteckten Rahmen bewusst nach einer Lösung gesucht wurde. Da war Israel - dem von den Arabern im Laufe der Zeit so oft ein Nein entgegengeschallt war - bereits längst auf dem Weg in die andere Richtung unterwegs. Der Begriff "Palästinenserstaat" war ein No-Word, und der Oslo-Friedensprozess in den 1990er-Jahren wurde von vielen nur mehr als Bedrohung Israels wahrgenommen.

Diese Verfassung manifestierte sich auch bei den Friedensmachern selbst, die dem forcierten Siedlungsbau in den besetzten Gebieten Priorität vor allem anderen zu geben schienen. Und, abgesehen vom Terrorismus der 1990er Jahre: Das Scheitern des politischen Establishments der Palästinenser, seine Unfähigkeit ist eine andere Geschichte - die (nicht nur, aber auch) zum Aufstieg der Hamas führte.

Das Dilemma Mahmud Abbas'

Und heute scheidet sich also an der Hamas vielleicht der Weg. Auch wenn sich ihre militärischen Verluste in politischer Schwäche niederschlagen würden (es ist noch zu früh, das zu bestimmen): Könnte es sich Palästinenserpräsident Mahmud Abbas angesichts des der Zivilbevölkerung im Gazastreifen zugefügten Leids überhaupt politisch leisten, jetzt weiterzuverhandeln?

Und wenn die Hamas, wie 2006 die libanesische Hisbollah, politisch ungebrochen aus dem Krieg hervorgeht, woher wird Abbas dann die Legitimität zum Verhandeln nehmen? Der Weg, Gaza einfach unter Quarantäne zu stellen, so zu tun (und zwar von israelischer wie auch von palästinensischer Regierungsseite), als sei es nicht vorhanden, hat schon einmal nicht funktioniert, mit den bekannten Resultaten.

Wer weiß einen Ausweg? Pünktlich zum Amtsantritt von US-Präsident Barack Obama haben zwei amerikanische Thinktanks, das Saban Center at Brookings und der Council on Foreign Relations, eine gemeinsame Studie unter dem Titel "Restoring the Balance" (Die Balance wiederherstellen) vorgestellt, eine "neue Nahost-Strategie für den nächsten Präsidenten". Die ersten Empfehlungen, den israelisch-palästinensischen Friedensprozess betreffend, spiegeln das Paradoxon wider, das sich auch deutlich beim Treffen der EU-Außenminister in Brüssel vergangene Woche zeigte: Wir reden zwar nicht mit der Hamas, aber wir verlangen von euch (der Fatah) eine Versöhnung mit ihr.

Die Autoren des betreffenden Kapitels, Steven A. Cook und Shibley Telhami, fordern: Die neue US-Administration sollte "anerkennen, dass die Macht der Hamas von einer echten Unterstützung in einem signifikanten Segment der palästinensischen Öffentlichkeit stammt und dass die Hamas ein Störfaktor bleiben wird, solange sie außerhalb der palästinensischen Institutionen bleibt". Ja, doch. Das ergibt aber noch lange keine innerpalästinensische Versöhnung und auch keine Verhandlungen der so wieder vereinten Palästinenser mit Israel, die zu einem Staat führen. Schadenfreude angesichts der Ratlosigkeit auch unter den institutionalisierten Experten ist jedoch nicht angebracht.

Was den US-Strategen heute mehr als in den vergangenen Jahren wieder ein Anliegen ist, sind die Beziehungen zu den Arabern. Gerade jetzt, wo der Irak langsam in die Freiheit entlassen wird - und bei völliger Unsicherheit, ob dort in einigen Jahren ein freundliches oder ein unfreundliches Regime sitzen wird - werden die alten Alliierten wieder wichtiger.

Vor einer Woche erregte ein Artikel von Prinz Turki al-Faisal, früher saudi-arabischer Geheimdienstchef, später Botschafter in Großbritannien und den USA, in der Financial Times Aufsehen. Darin überreicht auch er einen Forderungskatalog an Barack Obama - verbunden mit dem Hinweis, dass die Araber ihre Hand in Richtung Israel jetzt lange genug ausgestreckt gehalten hätten: Ewig werde das Angebot der arabischen Friedensinitiative, die Israel für einen Palästinenserstaat in den 1967er-Grenzen (wobei jeder weiß, dass Abstriche gemacht werden) eine volle Normalisierung anbietet, nicht gelten.

Prinz Turki erwähnt darin einen Brief von Irans Präsident Mahmud Ahmadi-Nejad an den saudischen König Abdullah, in dem jener Saudi-Arabien als Führer der islamischen Welt auffordere, einen Jihad gegen Israel anzuführen. Turki: "Bisher widersteht das Königreich diesen Rufen, aber die Zurückhaltung fällt jeden Tag schwerer." Wobei während der israelischen Offensive erstmals im Gazastreifen ein Jihadist aus Saudi-Arabien getötet wurde. Es ist unbekannt, ob Turki das bereits wusste, als er schrieb: "Das Königreich wird eines Tages seine Bürger nicht mehr davon abhalten können, sich der weltweiten Revolte gegen Israel anzuschließen."

Nun ist die Jihad-Warnung cum grano salis zu lesen wie auch die Behauptung, dass Ahmadi-Nejad die saudische Führungsrolle "ausdrücklich anerkennt". Laut dem Iranisten Walter Posch handelt es sich eher um eine nicht einmal übertrieben höflich formulierte Aufforderung an den König, endlich seinen Pflichten nachzukommen.

Aber Prinz Turki ist eben ein besonders begabter Politiker, der im Brief sehr unterschiedliche Botschaften anbringt: eine an die eigene Klientel, der Saudi-Arabien während des Gaza-Kriegs zu hamaskritisch war, plus eine an die USA, die auch den Hinweis auf den schwierigen Golf-Nachbarn Iran enthält, zu dessen Eindämmung, auf welche Art auch immer - George Bushs Brechstangenpolitik oder Obamas Diplomatie -, die USA die Saudis brauchen. Dass die Botschaft in Washington vernommen wird, ist anzunehmen. (DER STANDARD, ALBUM, 31.1./1.2.2009)