Im "Club 2" zitierte Ex-Boku-Rektorin Ingela Bruner dieser Tage aus der Stellungnahme eines Studentenvertreters zu den Vorgängen rund um ihre Ablöse - allzu selektiv, meint der Zitierte. Zur Richtigstellung im Folgenden sein Kommentar ohne Auslassungen:

Die Ära Bruner begann vielversprechend. Vor allem für uns Studierende war ihre Ablehnung von Zugangsbeschränkungen und Studiengebühren ungemein ermutigend. Nach Jahren des Kampfes waren auch selbstverwaltete Freiräume auf der Boku, wie das "Tüwi" und "Tüwis Hofladen" nicht mehr in ihrer Existenz bedroht. Unglaublich, aber wahr: Das Tüwi-Gebäude sollte in ein "Haus der Studierenden" umgewandelt werden. Bis zum Sommer 2008 sahen daher viele engagierte Studierende an der Boku hoffnungsvoll in die Zukunft.

Doch das Verhältnis vieler Boku-Mitarbeiter/innnen und des Senats zur Rektorin Bruner war zunehmend von Konflikten geprägt. Sowohl Senat als auch Uni-Rat drängten auf Entscheidungen bezüglich Budgetentwurf, Entwicklungsplan und dringend anstehender Nachbesetzungen von Professuren. Andere Entscheidungen wurden zu spät, gar nicht oder nach Ansicht vieler Universitätsangehörigen unter falscher Prioritätensetzung getroffen, während das Budget aus dem Ruder zu geraten schien.

Als Konsequenz wurde der ersten Rektorin einer österreichischen Universität die Möglichkeit eines Rücktritts angeboten, um einem einstimmigen Abwahlantrag von Senat und Unirat zuvorzukommen. Doch der Versuch eines reibungslosen, unspektakulären Wechsels an der Spitze scheiterte kläglich. Bruner erklärte sich wegen anonymer Anschuldigungen für gemobbt und ging mit diesen schwerwiegenden Vorwürfen an die Öffentlichkeit. Uni-Rat und Senat wurden dadurch gezwungen, ihre Entscheidung öffentlich zu begründen. Begleitet von einem Eklat zwischen dem vorigen Uni-Rat und Senat startete die erste Rektorin Österreichs, mit einer Reihe wechselseitiger Beschuldigungen zwischen Rektorin und den derzeitigen Leitungsgremien endete sie.

Die Kritik an der Rektorin ist auch aus studentischer Sicht begründet, die Vorgangsweise des Senats und Uni-Rats gerechtfertigt und durch das Uni-Gesetz gedeckt. Die Situation an der Boku ist aber keineswegs neu. Bereits vor drei Jahren stand man vor ähnlichen Konflikten, und nicht wenige Argumente von damals wiederholen sich heute. Wäre Frau Bruner ein habilitierter Professor, vernetzt mit den "richtigen" politischen Kreisen, hätte sie manchen universitätsinternen Meinungsbildner nicht enttäuscht - wäre außerdem der Universitätsrat der Boku immer noch ein ausschließlich mit Interessenvertretern aus Politik und Wirtschaft besetztes Gremium, so dürfte möglicherweise auch sie, wie ihr Vorgänger, bis zum Ende ihrer Periode weiterwerken. Die berechtigte Kritik des Senats wäre wieder ungehört verklungen.

Die Ereignisse auf der Boku sind ein Beispiel für den Überarbeitungsbedarf des UG 02. Wobei zur Vermeidung von Konflikten sowie politischer und wirtschaftlicher Einflussnahme die Entwicklungskompetenz und der Entwurf der Leistungsvereinbarung klar in die Hände des demokratisch gewählten Senats gelegt werden müssten. Die Unabhängigkeit des Uni-Rats und Reduktion seiner Kompetenzen auf finanzielle Entscheidungen wäre zu gewährleisten.

Die Mitbestimmung der Studierenden sollte, zusätzlich zu einem wieder drittelparitätisch besetzten Senat, durch eine neu geschaffene Curricula-Kommission, die je zur Hälfte mit Studierenden und Wissenschaftern besetzt ist, gestärkt werden. - Ob Minister Hahn die richtigen Lehren aus den unerfreulichen Ereignissen auf der Boku zieht, bleibt abzuwarten.
(Ilja Messner, DER STANDARD, Printausgabe, 31.1.2009)