Zu Beginn seiner persönlichsten Erzählung, Montauk, zitiert Max Frisch (1911-1991) Michel de Montaigne: "Dies ist ein aufrichtiges Buch, Leser (...) Ich habe es dem persönlichen Gebrauch meiner Freunde und Angehörigen gewidmet, auf dass sie, wenn sie mich verloren haben, einige Züge meiner Lebensart und meiner Gemütsverfassung wiederfinden." Besagtes Wiederfinden in diversen Rückblicken in diesem kompliziert und genial verschachtelten Werk goutierten im Erscheinungsjahr 1975 zumindest die Exfrauen und Geliebten des Schriftstellers gar nicht. Denn der alternde Autor verbriet gewissermaßen seine Lebens- und Frauengeschichten in außerordentlich unverblümter Form.

Er spannte sie mit gekonnten literarischen Kunstkniffen und mit der bewundernswerten Sicherheit des ausnahmetalentierten und zudem erfahrenen Schreibers in eine Rahmenhandlung, die sich auf ein Wochenende in Montauk auf Long Island konzentriert. Eine flüchtige, intensive Affäre, zeitlich begrenzt auf zwei Tage, lässt den Autor auf sein bisheriges Leben rück- und dem wie ein naher Abgrund vor ihm liegenden Alter entgegenblicken. Die junge Geliebte Lynn wirkt, ohne es zu wollen und wohl auch zu wissen, katalytisch. Am leeren Atlantikstrand zwei Stühle, zwei Menschen, der Horizont, weit wie die ganze Welt, und das Leben, das sie noch vor sich, er fast hinter sich hat. Und er weiß, "dass es sich verbietet, eine jüngere Frau an diese meine Zukunftslosigkeit binden zu wollen." Es liest - vollständig - Felix von Manteuffel. (Ute Woltron, ALBUM - DER STANDARD/Printausgabe, 31.01/01.02.2008)