Ex-Partner Derbas belastet Aliew.

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Wien/Astana - "Adonis, du bist ein netter Kerl. Renne nicht in die andere Welt. Wir haben immer genug Zeit, um dich dort zu finden." Adonis Derbas hat den Rat nicht befolgt. Seit 5. Jänner ist er in der "anderen Welt" , aufseiten der kasachischen Staatsmacht, und hat Angst. "Ich versuche, dauernd in Bewegung zu bleiben" , sagt der Geschäftsmann in einem Telefongespräch mit dem STANDARD, "ich will nicht an einem Ort bleiben, denn diese Typen können schmutzige Methoden anwenden."

Derbas war lange in der Welt von Rakhat Aliew, dem einst mächtigen Mann in Kasachstan, Geheimdienstchef, Milliardär und Schwiegersohn des Präsidenten. Als Aliew in Ungnade fiel und im Mai 2007 von der kasachischen Führung als Botschafter in Wien abgesetzt und strafrechtlich belangt wurde, rief er Adonis Derbas an, seinen Geschäftsfreund aus früheren Zeiten. Derbas' Erklärung trug mit dazu bei, dass Österreich Aliew nicht an Kasachstan auslieferte. Jetzt hat es sich der Geschäftsmann, der einen kanadischen Pass besitzt, anders überlegt. Am 5. Jänner trat Derbas bei einer Pressekonferenz in Almaty auf, der Wirtschaftsmetropole Kasachstans, und erklärte, er sei bereit, als Zeuge beim Landesgericht Wien auszusagen. Die Erklärung im Auslieferungsverfahren von 2007 habe er nie gemacht, behauptet er.

Derbas' Seitenwechsel muss Aliew beunruhigt haben. Am 30. Dezember 2008, wenige Tage vor der Pressekonferenz in Almaty, will Derbas per SMS von einem Gefolgsmann des untergetauchten Ex-Botschafters und Ex-Ministers die bisher letzte Warnung erhalten haben.

Adonis Derbas ist ein wichtiges Puzzle-Stück im Justizfall Aliew, der nun dieser Tage in Wien neu aufgerollt wird. Im August 2007 hatte das Landesgericht Aliews Auslieferung mit Hinweis auf die Menschenrechtslage abgelehnt und die Vermutung geäußert, die Strafverfolgung in Kasachstan werde mit "illegalen Mitteln" betrieben. Nicht eben eine Auszeichnung für ein Land, das 2010 den Vorsitz der OSZE übernimmt, und dessen Gasressourcen die OMV für die geplante Nabucco-Pipeline braucht.

In der Urteilsbegründung stand damals: "Diese Befürchtung wird insbesondere auch durch die Aussage des Adonis Derbas untermauert, der aus freien Stücken angab, ihm sei von kasachischer Seite ein Betrag von 1,000.000 US-Dollar geboten worden, wenn er vor einem Gericht in Kasachstan gegen R. M. Aliew aussage. Derartige Methoden der Strafverfolgung stehen selbstverständlich dem Grundsatz eines fairen Verfahrens entgegen." Eine weitere Million soll Derbas für Informationen zu Aliews Bewachung in Österreich angeboten worden sein.

Bleibt zunächst die Frage, wie diese Zeugenaussage in die Urteilsbegründung kam, wenn sie Derbas nicht gemacht haben will. Er sei nie vom Staatsanwalt angehört worden, sagt der Geschäftsmann im Telefongespräch. In der Lobby des Marriott Hotels in Wien habe es im Sommer 2007 lediglich ein Treffen gegeben, arrangiert von Alnur Mussajew, dem kasachischen Ex-Geheimdienstchef und Aliew-Mann. Neben Derbas nahmen zwei weitere Männer an dem Treffen teil. Sie seien ihm als Aliews Anwälte vorgestellt worden, erzählt Derbas, gehörten in Wahrheit aber der österreichischen Polizei an. "Hier werden die tollsten geheimdienstlichen Spiele getrieben", heißt es dazu nur heute aus Kreisen der Exekutive.

Irgendeine Aussage wird damals aber im Marriott entstanden sein. Derbas ist vage, er könne sich nicht erinnern, ob er etwas unterschrieben habe. Er wollte einen Handel mit Aliew erreichen, vielleicht einen Teil des Vermögens zurückbekommen, das Aliew ihm abgenommen haben soll. Zur Last wird Aliew vor allem die Entführung zweier Banker in Kasachstan gelegt. Die Ehefrau eines der Entführten, Armangul Kapaschewa, wurde nun in Wien angehört. Sie beklagte sich über die Voreingenommenheit des ermittelnden Staatsanwalts. Der habe die Fassung verloren, gab ihr österreichischer Rechtsbeistand an. (Markus Bernath/DER STANDARD, Printausgabe, 30.1.2009)