Unlängst in einer Gazette ein Rezept für einen "Radetzkyreis" gelesen. Fand das irritierend, weil Radetzky, in meinem persönlichen Vokabular wenigstens, so innig und ausschließlich mit dem Marsch verbunden ist, dass mir die Kombination seines Namens mit einem Lebensmittel einen Eindruck des Unpassenden, ja Bizarren vermittelt. Ich wurde mir aus diesem Anlass aber wieder einmal bewusst, dass viele Speisen nach berühmten Menschen benannt sind, als da wären die Tournedos Rossini, der Rothschildauflauf usf.

Bedauerlicherweise scheint die nette Sitte der persönlichen Speisenbenennung gegenwärtig ein wenig in Vergessenheit geraten zu sein. Ich hielte es für eine gute Idee, sie wiederzubeleben, wobei der Benennungsakt allerdings strikt unter fachmännischer Beratung stattzufinden hätte, um ein geschmackvolles und harmonisches Ensemble von Namensgeber und Speise zu gewährleisten. In manchen Fällen wäre dies einfach: Ex-Ministerin Kdolsky käme logischerweise nur als Namenspatin eines Schweinsbratens in Betracht (Kdolsky-Bratl; Schweinbratl à la mode de Kdolsky). Die omnipräsente Präsentatorin Miriam Weichselbraun wiederum trägt eine Frucht in ihrem Namen, sodass sie sich wohl für ein Dessert (Creme Weichselbraun) empfähle. Solch evidente Fälle sind allerdings die Ausnahme, nicht die Regel, und in weniger offenkundigen sollte sich ein gastronomisch versiertes Gremium erst den Kopf zerbrechen, ehe man zur Taufe schreitet: Eignet sich zum Beispiel der Name der Innenministerin eher für Fleischspeisen (Fekterschnitzel, Faschiertes nach Fekter-Art etc.) oder für Süßspeisen (Fekternockerln, Fektertorte)? Welche Speise verdiente den Namen von Baumeister Lugner, welche den von DJ Ötzi? Nach wem könnte man Gemüsesuppen benennen, nach wem Omeletten oder Digestifs? Fragen über Fragen. Ich hoffe, dass sich die p.t. Leser mit einem Schock schöner Antworten einstellen werden.

Tipp:
>>> Winders Wörterbuch in Buchform
Da muß man durch – Mein Wörterbuch zur Gegenwart