Die Nebel rund um die Nachtübung des Bundesheeres haben sich noch nicht gelichtet - Zeugen gaben an, der Rauch sei zur A22 gezogen

DER STANDARDB /Robert Newald

Wien - Nach der Massenkarambolage auf der Donauuferautobahn (A22) bei Korneuburg, bei der vergangenen Donnerstagabend eine Frau in ihrem Auto verbrannte und sieben Menschen verletzt worden waren, gingen am Dienstag die Untersuchungen weiter.

Wie berichtet, ermittelt eine Untersuchungskommission des Bundesheeres, ob Nebelgranaten, die während einer Nachtübung rund 260 Meter von der A22 entfernt gezündet worden waren, mit schuld an dem Crash waren. Augenzeugen sowie Grundwehrdiener, die an der Übung teilgenommen hatten, berichteten, dass der Rauch direkt in Richtung A22 gezogen sei.

Ungereimtheiten

Die Zündung der Nebelhandgranaten erfolgte jedenfalls in einem zu geringen Abstand zur A22 - dies bestätigte Dienstagabend ein Sprecher des Verteidigungsministeriums. Nach Angaben der Kommission fand die Zündung in einem Abstand von rund 260 Metern statt. Nach der gültigen Benützungsordnung müsste aber eine Entfernung von 300 Metern eingehalten werden.

Bundesheeroffiziere sehen in der Darstellung des Unfalls auf der Autobahn nahe des kleinen militärischen Übungsplatzes Hofau mehrere Ungereimtheiten. So erklärte ein Truppenoffizier dem Standard, dass die bei der Übung eingesetzten Nebelgranaten nur kleinräumige Wirkung auf 50 bis 100 Meter entwickeln könnten - nicht aber auf 260 Meter. Dennoch wären sie nicht eingesetzt worden, wenn es Anzeichen gegeben hätte, dass der Wind in Richtung Autobahn weht. Dies sei nicht der Fall gewesen, wie auch der Flugwetterdienst bestätigt habe: Von dort seien Winde aus nordwestlicher Richtung gemeldet worden.

Ganz auszuschließen sei es aber nicht, dass der Wind lokal anders geströmt sei. Was die vom Standard befragten Offiziere ausschließen, ist ein Einsatz von wesentlich stärker wirkenden "Nebeltöpfen", die mehr künstlichen Rauch entwickeln. "Das ist ein anderes Kaliber"; aber diese Munitionsart sei am Donnerstag definitiv nicht verwendet worden.

Im Bundesheer ist man weiterhin der Ansicht, dass es keinerlei Fehlleistungen der beteiligten Soldaten gegeben hat. Allerdings wird eine Stellungnahme des zuständigen Kommandanten vermisst: Üblicherweise müsste dieser die bekannten Fakten erläutern und auf die Untersuchungen verweisen.

Die Rekruten - alle hatten tags zuvor einen Erste Hilfe-Kurs absolviert, weiters waren ein Krankepfleger und ein Heeressanitäter unter ihnen - hatten berichtet, dass ihnen verboten worden sei, Hilfe zu leisten. Nach dem Crash sei der Kommandant zur Unfallstelle gegangen, schildert Oberst Karl Kihszl. "Da bereits genügend Einsatzfahrzeuge eingetroffen waren, hat er entschieden, dass die Rekruten nicht benötigt würden."

Außerdem seien diese medizinisch nicht ausreichend ausgebildet. Dem widerspricht Anton Gaal, der Vorsitzende der Bundesheerbeschwerdekommission. "Man braucht sich nur die Straßenverkehrsordnung anzuschauen, und weiß, dass man zur Hilfeleistung verpflichtet ist." Im ORF kündigte er überdies Konsequenzen an, falls es ein Redevorbot für die jungen Soldaten gegeben haben sollte. Verteidigungsminister Norbert Darabos (SPÖ) versicherte, dass die Zeugen unbesorgt aussagen könnten; es drohten keine Konsequenzen wegen unterlassener Hilfeleistung. "Wir wollen klar untersucht wissen, wer Schuld trägt, dann wird es Konsequenzen geben."

Vorläufig werde es aber keine Konsequenzen geben - was feinhörige Offiziere hellhörig werden lässt: Allein aus der Erklärung, dass derzeit niemand suspendiert werde, lasse sich schließen, dass nur noch auf belastendes Material gewartet werde, um diesen Schritt doch zu setzen. Bei der Frau, die in ihrem Auto verbrannte, dürfte es sich um eine 30-jährige Tschechin handeln.  (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 28.1.2009)