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Welche Geheimdienstabsprachen es unter dem Schutzmantel des Innenministeriums gibt, will Peter Pilz, der Sicherheitssprecher der Grünen, von Ministerin Fekter wissen.

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Wien - Zwei Wochen nach der Ermordung des tschetschenischen Flüchtlings Umar I. (27) auf offener Straße in Wien-Floridsdorf gerät der Fall medial immer mehr ins schiefe Licht der Geheimdienste. Peter Pilz, Sicherheitssprecher der Grünen, forderte am Montag überhaupt gleich den Rücktritt der Ressortchefin Maria Fekter (ÖVP).

"Es hat intensive geheimdienstliche Zusammenarbeit gegeben, um sich gemeinsam der Tschetschenenfrage zu widmen", behauptete Pilz. Ein russischer FSB-Major sei sogar für drei Monate in Wien gewesen, um Verfassungsschutzbeamte zu schulen. Aus dem Namen dieses Agenten machte Pilz vorerst noch ein Geheimnis. Er stellt sich die Frage, ob es sich dabei nicht um ein "freiwilliges Zwangsprogramm zur Rückführung tschetschenischer Flüchtlinge nach Russland" gehandelt habe. "Indem man systematisch keinen Personenschutz erteilt, damit sich die Menschen in Österreich nicht wohlfühlen."

Rückkehr oder Liquidierung

Wie berichtet, hatte das Mordopfer versucht, Personenschutz zu erhalten. Für die Polizei war das Bedrohungsszenario aber zu vage - obwohl Mitte 2008 ein tschetschenischer Asylwerber vor der Polizei ausgesagt hatte, dass er den Auftrag habe, Umar I. nach Tschetschenien zurückzuholen oder ihn zu liquidieren. Der Informant wurde abgeschoben.

Dass Russland versucht hat, im Tschetschenienkonflikt andere Länder für eigene Interessen einzuspannen, ist evident, wie ein Blick in Staatsschutzberichte zeigt (siehe Zitiert-Kasten). Innenministerin Fekter schloss am Montag aber aus, dass personenbezogene Daten an Russland weitergegeben worden seien. Es gebe 30 Verbindungsbeamte in anderen Staaten, sagte Fekter am Rande einer Pressekonferenz. Dieser Informationsaustausch sei rechtsstaatlich gedeckt: "Ich kann nicht erkennen, was schlecht daran sein soll." Rudolf Gollia, der Sprecher des Innenressorts, ergänzte auf Anfrage des STANDARD, dass mit vielen Geheimdiensten kooperiert werde. Dabei gehe es aber nur um allgemeine Sachlagen. Dass ein Mitarbeiter des russischen Geheimdienstes FSB heimische Staatsschützer "geschult" habe, wie Pilz behauptet, schloss Gollia definitiv aus.

Von politischen Spekulationen unbeeindruckt gehen indes die Ermittlungen im Kriminalfall weiter. Die Staatsanwaltschaft Wien wartet noch auf die Ergebnisse einer DNA-Analyse. An einer Jacke, die einer der beiden Täter getragen haben soll, waren Hautabriebspuren gefunden worden. Darüber hinaus gab sich Gerhard Jarosch von der Staatsanwaltschaft Wien weiter schweigsam: "Derzeit gibt es nichts, was veröffentlicht werden kann", so Jarosch. Weitere Festnahmen habe es nicht gegeben.

Otto K. blieb also vorerst der einzige Verhaftete. Dem Mann aus St. Pölten wird vorgeworfen, als Chauffeur für die beiden gesuchten Killer fungiert zu haben. Er weist alle Vorwürfe zurück. (Bettina Fernsebner-Kokert, Michael Simoner/DER STANDARD-Printausgabe, 27.1.2009)