Wenn der Chefredakteur von "Bild" und der Chefprovokateur des "Spiegel" - also ein bekennender Rechter und ein nonkonformistischer Linker - nächtens durch Berlin streifen, um sich in Altherrenmanier mal so richtig über Gott und die böse Welt auszulassen, dann verspricht das eine Talkshow der anderen Art. Arte hat es probiert, hat Kai Diekmann und Henryk M. Broder "Durch die Nacht" geschickt.

Herausgekommen sind großartige Pointen und Dialoge, kleine Feuerwerke der Ironie und der Boshaftigkeiten, 52 Minuten Kurzweil vom Besten - was man kurz vor Mitternacht nach dem ausklingenden Arbeitstag in Zeiten der Krise braucht.

Herrlich, wie Broder sich selber auf die Schaufel nimmt, als er seinen "späten Triumph" bekennt, dass er vor 30, 40 Jahren Springer noch enteignen wollte und jetzt eine Fahrt mit dem Chefredakteurs der einstigen "Schweinepresse" richtig angenehm findet. Er strahlt.
Vermutlich überraschend für viele die ruhige, präzise Nachdenklichkeit, mit der Diekmann Medien, Politik und Gesellschaft analysiert. Einen absolut skrupellosen Boulevardzeitungsmacher stellt man sich anders vor. Selbstverliebtheit dicke, wie die beiden ständig über die nicht vorhandene Linke im Land mosern, den Drang zur Mitte "leider auch bei Bild".

Auch wir Österreicher kriegen unser Fett ab. Broder erzählt Diekmann, dass in Wien vor kurzem ein Che-Guevara-Denkmal enthüllt wurde, vom Bürgermeister persönlich. „Wahrscheinlich kommt jetzt noch ein Jörg-Haider-Denkmal." "Ja, das wäre allerdings hübsch", entfährt es dem Bild-Chef. Verächtlich-erstaunter, als er schaut, als er das sagt, kann man kaum schauen. Man sollte die beiden einmal durch Kärnten schicken! (Thomas Mayer, DER STANDARD; Printausgabe, 24./25.1.2009)