Eine virtuelle Patientin der britischen Forscher

Foto: Keele University

Keele/Heidelberg  - Wissenschaftler an der britischen Keele University  haben einen "virtuellen Patienten" (Virtual Patient) entwickelt, der eine bessere Ausbildung von Pharmazie-Studenten in Aussicht stellt. "Der 'Virtual Patient' ermöglicht es, die ganze Bandbreite der Patientenkonsultation zu erforschen. Studenten können aus Fehlern in einem sicheren Umfeld lernen, das im wirklichen Leben nicht möglich wäre", erklärt Stehpen Chapman, Leiter der School of Pharmacy in Keele. Der Virtuelle Patient kann mit den Studenten sprechen und nutzt auch nicht-verbale Gesten. "Das Projekt wirkt technisch sehr weit entwickelt, schon fast wie ein Videospiel", meint Benjamin Hanebeck, Mitarbeiter am Zentrum für virtuelle Patienten der Medizinischen Fakultät Heidelberg.

Fortschritte für Arzt-Patienten-Beziehung

Das Sytem aus Keele verspricht sehr fortschrittliche Kommunikation. Studenten können Fragen an den Patienten nicht nur mit normalen Eingabehilfen, sondern dank Spracherkennungs-Technologie auch verbal stellen, so die Universität. "Wenn das wirklich funktioniert, wäre das sehr ausgereift", sagt Hanebeck. Das gilt der Keele University zufolge auch für die Reaktion des Patienten. Er antworte nicht nur verbal, sondern auch mit Gesten, die beispielsweise Schmerz, Stress oder Angst anzeigen. Dabei können nicht nur verschiedene Erkrankungen von Bluthochdruck bis Verdauungsstörungen simuliert werden.

"Der Patient kann beispielsweise so programmiert werden, dass er auf Penicillin allergisch ist", sagt Chapman. Vergisst ein Student, danach zu fragen, kann es zu einem anaphylaktischen Schock kommen. "Das verdrahtet das Gelernte fest im Gehirn, wie es allein mit Lehrbüchern nicht möglich ist", meint der Pharmazeut. Auch die klinische Relevanz von Ethnizität, Alter und Geschlecht kann durch entsprechende Fallsimulationen näher gebracht werden. Außerdem gibt der virtuelle Patient dem Studenten geeignetes Feedback über seine Leistung.

Kritik

"Inhaltlich wirkt das letztendlich ähnlich zu existierenden Systemen", betont Hanebeck. Auch hier hängen die ausbildnerischen Möglichkeiten vor allem von der Programmierung virtueller Patienten ab. Für ihn sei fraglich, ob das aufwendige System wirklich einen didaktischen Mehrwert bietet. "Wenn es um fachliche Kompetenz geht, sollten einfache Interfaces meist genügen. Aber vielleicht ist 3D-Grafik ja motivierender für manche Studenten", meint Hanebeck. Zum Training kommunikativer Fähigkeiten wiederum sieht er die Arbeit mit Laienschauspielern nach wie vor als geeigneter als jedes virtuelle System.

In Heidelberg wird mit "CAMPUS" schon seit den 1990ern ein System für virtuelle Patienten entwickelt, das zur Verbesserung der Aus- und Weiterbildung im medizinischen Bereich gedacht ist. In der Pädiatrie wird CAMPUS schon seit 1999 in der Ausbildung von Studenten und seit 2006 auch als Prüfungsinstrument eingesetzt. Auch wird laufend an der Einbindung virtueller Patienten in neue Unterrichtsbereiche gearbeitet. In diesem Jahr beispielsweise sollen Projekte in den Fachbereichen Neurologie, Chirurgie und Gynäkologie anlaufen. (pte)