Wien - "Kein einziger Missstand konnte bis heute belegt werden" , sagte Sonja Wehsely (SPÖ) am Donnerstag als eine der letzten Zeuginnen vor der gemeinderätlichen Untersuchungskommission. Bis Ende Februar - dann wird die U-Kommission ein Jahr lang gedauert haben - haben die Parteien noch Gelegenheit zu klären, ob es eine politische Verantwortung für die Missstände in der Wiener Psychiatrie gibt.

Den juristischen Rat ihres Anwalts Michael Pilz, der mit ihr im Zeugenstand saß, benötigte die Gesundheitsstadträtin nicht. Der Witz dabei: Pilz ist der Bruder der Grünen "Chefanklägerin" Sigrid Pilz.

Brandunfälle und andere Zwischenfälle, bei denen im Otto-Wagner-Spital (OWS) Patienten zu Schaden kamen, bezeichnete die Politikerin als Fehler, aber nicht als Missstände. Kritik von Experten, die in vorangegangenen Sitzungen vor der Kommission Personal- und Versorgungsmängel beklagt hatten, kommentierte Wehsely mit den Worten: "Kritik ist etwas, was uns weiterbringt" .

Und was hat die Untersuchungskommission weitergebracht? Die Opposition sieht sich bestätigt, dass die alleinregierende SPÖ nicht an der Aufklärung von Missständen interessiert sei. Nach wie vor ist nicht geklärt, ob der Krankenanstaltenverbund sechs zusätzliche Ausbildungsplätze am OWS für angehende Psychiater bei der Ärztekammer beantragt hat oder nicht. Wehsely beteuert, dass dem so sei. Die Grünen haben eine Antwort von der Ärztekammer eingeholt, die dem widerspricht.

Wo kein Kläger ...

Bei der SPÖ scheint man sich noch immer zu fragen: Wozu U-Kommission? Fehler sind passiert, werden aber auch (während der Laufzeit der U-Kommission verstärkt, etwa durch die Aufstockung der Fachärzte) behoben, ist der Tenor. Da die Mehrheitsfraktion die Ladung von ehemaligen Psychiatriepatienten abgelehnt hatte, konnten diese auch nicht angehört werden. Der Patientenanwalt, der an ihrer statt aussagen sollte, wurde erst gegen Ende der Untersuchungsperiode geladen. Was die Frage aufwirft: Wie soll man richten, wenn es keine Anklage gibt? Die Fachdebatte: Netzbetten ja oder nein, lieferte keine Handlungsanleitungen. Zu Versäumnissen in der Jugendwohlfahrt gab es am Donnerstag auch keine Antworten: Jugendstadträtin Grete Laska sagte nicht aus, da die Jugendwohlfahrt Landessache ist, somit nicht Gegenstand der gemeinderätlichen U-Kommission. Kommenden Freitag hat Bürgermeister Michael Häupl seinen Auftritt. (Marijana Miljković, DER STANDARD - Printausgabe, 23. Jänner 2009)