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Silvio Berlusconi ist betrübt, seine Partner machen ihm das Leben schwer.

Foto: AP/Pier Paolo Cito

Vergünstigungen der Regierung durch eine "Social Card" erwiesen sich als ungedeckt, die italienische Regierungskoalition liegt in täglichem Streit. Und das obwohl die Opposition so schwach ist wie nie.

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Es war ein Supermarkt im römischen Stadtviertel Prati, in dem die Pensionistin Angela Frati am Montag erstmals ihre blaue Kreditkarte zückte. Als sie vom Kassier erfuhr, dass die Karte ungedeckt sei, war die Enttäuschung der 76-jährigen groß. Es sei erniedrigend gewesen, den Einkaufskorb vor aller Augen wieder auszuräumen, schilderte die alte Frau ihr Erlebnis.

So wie Frati erging es Zehntausenden Pensionisten und Bedürftigen, zu deren Unterstützung die italienische Regierung die vielgepriesene "Social Card" verteilt hatte. Dass sich ein Drittel der 800.000 Karten als ungedeckt erwies, zehrte deutlich am Image von Ministerpräsident Silvio Berlusconi. Doch ungleich schwerer wiegt der Dauerstreit im Rechtsbündnis, der das Kabinett in der Wählergunst jetzt erstmals unter die 50-Prozent-Marke sinken ließ.

Wichtige Wahlversprechen warten auf ihre Einlösung, wesentliche Anliegen wie die Justizreform werden immer wieder verschoben. Am Mittwoch musste Berlusconi auf Druck der Koalitionspartner seinen Plan fallenlassen, die Abhörmöglichkeiten der Richter zu beschneiden. Gianfranco Fini, der Präsident der Abgeordnetenkammer, rüffelte den Premier öffentlich, weil dieser auf einem Vertrauensvotum bestand, um interne Fehden zu kaschieren. Bei der Abstimmung über das Konjunkturpaket kassierte die mit satter Mehrheit regierende Koalition gar eine Niederlage, weil die Lega Nord mit der Opposition stimmte. "Die Linke ist am Boden, und wir leisten uns nutzlose Polemiken" , grämt sich der Regierungschef daraufhin.

Die kämpferische Lega eröffnete indes eine neue Front. Sollte einer der Koalitionspartner die Volksabstimmung über das neue Wahlrecht unterstützten, werde die Partei aus der Koalition ausscheren, drohte Lega-Nord-Chef Umberto Bossi. Die im Aufwind befindliche Lega sieht ihr wichtigstes Anliegen in immer weitere Ferne rücken. Die föderalistische Reform des Staates stößt wegen ihrer Kosten auch im Rechtsbündnis auf wachsende Bedenken (siehe Wissen).

Der Nationalen Allianz bereitet unterdessen die bevorstehende Fusion mit Berlusconis Forza Italia heftige Magenschmerzen. "Wir akzeptieren keine Annexion" , warnte Parteichef Ignazio La Russa. "Wir wollen als gleichberechtigte Partner behandelt werden." Ob die neue Partei wie geplant am 27. März aus der Taufe gehoben wird, ist ungewiss.
Seit Wochen blockieren die Koalitionspartner auch den Plan des Regierungschefs, zwei neue Minister aus den Reihen von Forza Italia zu ernennen. Für Unmut sorgt auch die Hemdsärmeligkeit, mit der Berlusconi die schwere Wirtschaftskrise bekämpft. Dass die Staatsverschuldung rasant zunimmt, die Industrieproduktion um 13 Prozent sinkt, die Exporte bedenklich zurückgehen und die Zahl der Beschäftigten in der Lohnausgleichskasse um mehr als 500 Prozent angestiegen ist, wertet der Ministerpräsident als "nicht dramatisch".

Am Donnerstag sackte dazu die Fiat-Aktie auf einen historischen Tiefpunkt ab. Aber auch die Schrumpfung des Bruttosozialprodukts um zwei Prozent findet Silvio Berlusconi nicht weiter tragisch: " Das ist so, als würden wir um zwei Jahre zurückfallen. 2006 ging es uns doch keineswegs schlecht." (Gerhard Mumelter aus Rom/DER STANDARD, Printausgabe, 23.1.2009)