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Der Anteil der Windkraft am österreichischen Stromverbrauch beträgt derzeit drei Prozent, jener am Gesamtenergieaufkommen ein Prozent.

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Im vergangenen Jahr wurden in ganz Österreich nur sieben Windparks errichtet, heuer droht überhaupt völliger Stillstand: "Das Jahr 2009 ist verloren", brachte es Stefan Hantsch auf den Punkt. Als Hauptgrund dafür nannte der Geschäftsführer der IG Windkraft am Donnerstag die noch ausstehende Bewilligung der Ökostromnovelle durch die EU-Kommission.

Gasversorgung am Limit

Dabei wäre es hoch an der Zeit, den Ausbau voranzutreiben, denn die Energieversorgung mit Gas gehe unsicheren Zeiten entgegen, so Hantsch - insbesondere deshalb, weil sich laut einer Studie der deutschen Ludwig-Bölkow-Stiftung der Gas-Importbedarf in Europa bis 2020 auf etwa 220 Mrd. m³ verdoppeln dürfte. Russland stehe aber möglicherweise selbst bereits an der Grenze seiner Lieferkapazitäten, "der Peak ist bei allen drei großen Gasfeldern überschritten", so Hantsch.

Die geplante Nabucco-Pipeline könne zudem selbst im Endausbau nur 13 Prozent des zusätzlichen EU-Importbedarfs abdecken; "das entspricht nur dem Verbrauch jener Gaskraftwerke, die in der EU in den letzten zweieinhalb Jahren ans Netz gingen". Weil der Verbrauch der Nabucco-Transitländer, durch die das Gas fließt, bevor es in Österreich ankommen soll, mit 54 Mrd. m³ fast das Doppelte der gesamten Leitungskapazität beträgt, stellte Hantsch auch die Frage, ob diese im Krisenfall nicht "die eigene frierende Bevölkerung zuerst versorgen" würden.

EU-Ziele "erst in 180 Jahren erreichbar"

Die heimische, unabhängige Energieversorgung müsse deshalb rasch ausgebaut werden, so Hantsch - das verlange schließlich auch die EU-Richtlinie für Energie aus erneuerbaren Quellen, verabschiedet vom EU-Parlament im vergangenen Dezember. Diese Richtlinie sieht eine EU-weite Steigerung des Anteils an Energie aus erneuerbaren Quellen von 8,5 auf 20 Prozent bis zum Jahr 2020 vor. Österreich muss im selben Zeitraum den Anteil von 23,3 (2005) auf 34 Prozent erhöhen.

Weil der Windkraft-Ausbau hierzulande aber "bedauerlicherweise durch die Ökostrom-Novelle 2006 drastisch eingeschränkt" worden sei, werden mit der derzeitigen Ausbau-Geschwindigkeit diese Ziele "erst in 180 Jahren" erreicht, so Hantsch. Sieben Terawattstunden (TWh) an Leistung aus Windkraftanlagen seien dafür nötig. 2007 wurden aber nur zehn Anlagen mit 19,5 Megawatt (MW), im Vorjahr nur die schon erwähnten sieben Anlagen (14 MW) errichtet.

Aktuell laufen in 162 österreichischen Windparks 618 Windkraftanlagen, die 2,1 TWh Strom erzeugen. Weil die Anlagen immer leistungsfähiger werden, sei für die 350-prozentige Steigerung der Stromproduktion aus Windkraft (auf die angepeilten sieben Terawattstunden) lediglich um 80 Prozent mehr Anlagen nötig, in Summe etwa 1.100, erklärte der IG-Windkraft-Geschäftsführer.

Großes Potenzial

Der Anteil der Windkraft am österreichischen Stromverbrauch beträgt derzeit drei Prozent, jener am Gesamtenergieaufkommen ein Prozent. Mit 1.100 Anlagen könnten zehn Prozent des österreichischen Strombedarfs abgedeckt werden.

Weil der Ausbau völlig still steht, sieht man bei der IG Windkraft nun die Politik gefordert: Die zu niedrigen Einspeistarife, die mit der Ökostrom-Novelle 2006 festgelegt worden waren - 7,54 Cent pro KWh - und die Kontingentierung bei der Förderung hätten zum Ausbau-Stopp geführt, es brauche eine weitere Novellierung des Ökostromgesetzes, um die Ziele der EU-Richtlinie erreichen zu können, meinte IG-Windkraft-Juristin Ursula Nährer. Unter den derzeit geltenden Bedingungen sei eine Windkraftanlage nicht wirtschaftlich zu führen. Der international übliche Tarif liege bei rund 9,5 Cent. Die Regierung solle sich in Brüssel stärker dafür einsetzen, dass die Kommission die Novelle rasch bewilligt, forderte Nährer.

Die österreichischen Erzeuger von Komponenten für Windkraftanlagen, die in vielen Bereichen führend am internationalen Markt tätig seien, würden wegen des Investitions-Stopps in Österreich bereits hauptsächlich ins Ausland liefern, bemerkte Hantsch. Das Exportvolumen betrage bereits rund 300 Millionen Euro. (Martin Putschögl, derStandard.at, 22.1.2009)