Die Lucretia von Lucas Cranach I & II gelangt bei Sotheby’s in New York zur Auktion.

 

 

Foto: Sotheby’s

London - So verführerisch sie auch wirkt, der überlieferte Hintergrund ist eine sexuelle Gewalttat: Keine untreue Frau sollte sich später auf ihr Schicksal berufen können, deshalb brachte sich die für ihre Schönheit und Tugendhaftigkeit legendäre Lucretia um. Seit Jahrhunderten fungiert die Geschändete als Titelheldin: Sisters of Mercy (Lucretia My Reflection), William Shakespeare (The Rape of Lucrece), Alexander Puschkin (Graf Nulin).

Eins der ansehnlichsten Exemplare buhlt am 29. 1. bei Sotheby's im Rahmen des Evening Sales Gemälde Alter Meister um die Gunst eines neuen Besitzers. Die knapp 87 mal 58 cm große Holztafel ist datiert (1537) und dürfte nach jüngsten Forschungsergebnissen ein Gemeinschaftswerk Lucas Cranach des Älteren und seines Sohnes sein. Es handelt sich dabei exakt um jenes Werk, das 2003 bereits von der Galerie Koller in Zürich für 100.000 Schweizer Franken bzw. umgerechnet 67.560 Euro versteigert worden war, damals - "aufgrund technologischer Analysen" , so Cyril Koller - als Nachfolge ausgewiesen. Die aktuellen Erwartungen belaufen sich mit 800.000 bis 1,2 Millionen Dollar auf annähernd das Zehnfache.

Ebenfalls eine weitere Runde auf dem Auktionsparkett dreht eine Salome-Darstellung von Tizian, die Colnaghi 1994 für 9200 Pfund bei Christie's in London erwarb. Eine Restaurierung befreite das Bild von unzähligen Übermalungen. Zuletzt machte sie in Wien im Rahmen der Ausstellung Der späte Tizian im Kunsthistorischen Station, jetzt soll sie zwischen vier und sechs Millionen Dollar einspielen.
Die Erwartungen für die fünf Einzelauktionen der Sparte Alter Meister, die kommende Woche stattfinden, beziffert Sotheby's mit rund 89 bis 125 Millionen Dollar. Jene von Christie's sind auch aufgrund des kleineren Angebotes, das in vier Sales verteilt wird, mit 15 bis 38 Millionen Dollar deutlich geringer. (kron / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 22.1.2009)