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Claudia Bandion-Ortner war zum Scherzen aufgelegt: "Justitia trägt eine Augenbinde. Ich finde, sie sollte in Zukunft eine Brille tragen."

Foto: ap/RONALD ZAK

Kurz vor zehn Uhr im Parlament. Seit etwa einer Stunde debattieren Abgeordnete und Minister zum Thema Energieversorgung und Gas. Links hinter der Ministerbank öffnet Vizekanzler Josef Pröll die Tür. Er strahlt über das ganze Gesicht. Und wartet. Mitgebracht hat er "seine" unabhängige Justizministerin. Claudia Bandion-Ortner schüttelt ÖVP-Abgeordneten, die gerade Pause machen, die Hände. Angeführt von Josef Pröll tritt sie zur Ministerbank. Handshakes für alle Minister. Zwischen Wirtschafsminister Reinhold Mitterlehner und Staatssekretär Andreas Schieder nimmt sie schließlich Platz. Fast ein wenig ehrfürchtig schaut sie sich den Sitzungssaal an. Beim Blick in die Besuchergalerie huscht ein Lächeln über ihr Gesicht. Auch RichterInnen sind heute gekommen um sich die Rede ihrer ehemaligen Kollegin anzuhören. Offensichtlich würde sie gerne ihre Rede noch einmal durchlesen, bevor es los geht. Mitterlehner verwickelt sie aber in ein Gespräch.

"Absoluter Vollprofi"

Bundeskanzler Werner Faymann und Josef Pröll heißen Bandion-Ortner "besonders willkommen". Faymann verweist auf die Bedeutung des Justizressorts und streut Bandion-Ortners Vorgängerin, Maria Berger Rosen. Pröll bedankt sich bei "Gio Hahn" dafür, dass er das Amt interimistisch übernommen hat. Der Vizekanzler lobt sich selbst dafür, dass er einen "absoluten Vollprofi" für das Justizressort gewonnen hat. "Tun Sie Ihr bestes Frau Ministerin, wir werden sie genau beobachten," kündigt Heinz-Christian Strache an. Von ihm kam auch der erste Angriff an das neue Regierungsmitglied: "Angeblich hat Raiffeisen-General Konrad bereits im Juli gesagt, dass sie Justizministerin werden sollen." Josef Cap hingegen ist sich sicher, dass Bandion-Ortner "dem Profil der unabhängigen Justizministerin entsprechen wird". Die Grünen wünschen dem neuen Regierungsmitglied "alles Gute dafür, dass sie zeigen können, dass sie nicht der verlängerte Arm einer Partei sind".

Pilz und sein Laptop

Peter Pilz appelierte an die Unabhängigkeit der Ministerin. Er erwarte von ihr das Innenministerium unter Kontrolle zu halten, sagte er in seinem Appell an Bandion-Ortner. Er führte dabei an, dass im Mai des vergangenen Jahres die Wiener Staatsanwaltschaft seinen Laptop beschlagnahmen wollte. Staatsanwalt Christian Walzi hatte das BIA damit beauftragen wollen, den Laptop des Abgeordneten einzuziehen. Der Grund: Pilz hatte zuvor dienstliche E-Mails des ehemaligen Innenministers Ernst Strasser veröffentlicht.

Damals war allerdings keines der gesuchten Mails auf Pilz Computer gespeichert. Im Gegensatz zu heute, wie Pilz sagte. Und: Er werde weiterhin eines nach dem anderen veröffentlichen. Die Justizministerin müsse sich entscheiden, ob es in Ordnung sei, den privaten Laptop eines Abgeordneten einzuziehen.

Schutz der Kinder und Korruptionsbekämpfung

"Es wäre eine Lüge zu sagen, dass ich nicht nervös bin", beginnt Bandion-Ortner ihre Rede. Vieles sei ungewohnt, Zwischenrufe würden sie als Richterin anders ahnden, daran müsse sie sich noch gewöhnen. Mit dem Scherz bringt sie sogar Strache zum Lachen. "Ich habe 15 Jahre meine Unabhängigkeit als Richterin genossen und will das auch weiterhin tun". Ihre Ankündigungen, Unternehmensgründungen zu vereinfachen, ein moderneres Strafrecht, Reformen im Familienrecht, Schutz der Kinder und Korruptionsbekämpfung werden vom Hohen Haus mit Applaus goutiert. Einzig die Grünen zeigen sich verhalten. Das von Strache gestreute Gerücht, ihr sei schon während des Bawag-Prozesses von Konrad das Ministeramt angeboten worden, weist Bandion-Ortner strikt zurück: "Das stimmt nicht, das möchte ich gleich jetzt festhalten." Zum Abschluss entlockte sie den Abgeordneten noch ein Lächeln: "Justitia trägt eine Augenbinde. Ich finde, sie sollte in Zukunft eine Brille tragen." (burg/derStandard.at, 21. Jänner 2009)