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Wien - In US-amerikanischen Filmblogs wird die Thematik immer wieder gerne aufgeworfen: Zumal für den filmenden Nachwuchs, der es schon schwer genug hat, ein Projekt überhaupt zu finanzieren, gestalte sich mittlerweile die Suche nach einem Kinoverleih als die fast noch größere Herausforderung. Nicht zuletzt im Zusammenhang mit dem Independent Filmfestival in Sundance, das vergangenen Donnerstag in Park City, Utah, eröffnet wurde, wird diese sich verschlechternde Situation diskutiert. Mitunter aber braucht es auch einfach einen langen Atem.

Langsamer Erfolg

2006 war Half Nelson eine der Entdeckungen von Sundance - der erste Langfilm des jungen Autorenduos Ryan Fleck und Anna Boden, von ihm inszeniert, von ihr montiert und koproduziert. Der Film tourte in der Folge durch den internationalen Festival-Circuit - auch bei der Viennale war er zu sehen. Er fand einen amerikanischen Verleih, erhielt 2007 nochmals größere Aufmerksamkeit, als sich Hauptdarsteller Ryan Gosling überraschend unter den Oscar-Nominierten fand, und der Film wurde in diesem und im vorigen Jahr auch vereinzelt international gestartet.

Nunmehr kommt Half Nelson auch in Österreich noch regulär ins Kino. Die Verzögerung kann dem Film insofern nichts anhaben, als seine Geschichte relativ zeitlos ist und seine Umsetzung einer labilen, schwankenden Befindlichkeit immer noch stimmig wirkt:

Gosling spielt Daniel Dunne, einen Pflichtschullehrer in Brooklyn, der irgendwann begonnen hat, den Halt zu verlieren. Man begegnet ihm an einem Punkt, an dem er sich schon gefährlich nahe am endgültigen Absturz befindet. Eine seiner Schülerinnen findet ihn nach dem Basketballtraining zusammengekauert und high auf der Schultoilette. Zum Unterricht erscheint er morgens mit Sonnenbrille. Von seiner Direktorin zur Rede gestellt, wirkt er selbst wie ein renitenter Teenager.

Auch in Daniels Geschichtsklasse, die seinen Unterricht eigentlich schätzt, macht sich langsam Irritation breit. Aber ausgerechnet aus diesem Kreis erwächst Daniel schließlich eine Vertraute: Die dreizehnjährige Drey (Shareeka Epps) ist offenbar die Einzige, die erkennt, worauf Daniel zusteuert.

2008 haben Fleck und Boden in Sundance übrigens ihren zweiten Film, Sugar, vorgestellt. Es geht darin ums globalisierte Sportgeschäft, um eine Baseball-Hoffnung aus der Dominikanischen Republik, die von einem US-Nachwuchsligisten verpflichtet wird. In den USA hat Sugar kommenden April einen Kinostart. Wann er bei uns zu sehen sein wird, ist eine noch offene Frage. (Isabella Reicher, DER STANDARD/Printausgabe, 21.01.2009)