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Kein Bild des Piraten-Finanziers Yassin Dheere: die Aufnahme zeigt drei somalische Piraten, die derzeit in Kenia vor Gericht stehen.

Foto: AP

Garowe - Yassin Dheere war ein ganz normaler Fischer in Somalia - bis das Land am Horn von Afrika immer mehr im Chaos versank. Da wurde er zum Piraten. "Nachdem die Zentralregierung zusammenbrach, war ich gezwungen, ausländische Schiffe zu überfallen. Niemand überwachte die Gewässer und wir konnten nicht richtig fischen, weil die Schiffe, die an den somalischen Küsten illegal ihre Netze ins Wasser hängten, unsere kleinen Boote und unsere Ausrüstung zerstörten. Deshalb mussten wir Piraten werden."

Dheere ist 39 Jahre alt und ein Berg von einem Mann - größer als die Leibwächter, die ihn zum Gespräch mit der Nachrichtenagentur Reuters in Garowe im Norden Somalias begleitet haben. Er trägt ein teuer aussehendes traditionelles Gewand, kaut Khatblätter, eine aufputschende Droge, und streichelt ein Sturmgewehr vom Typ AK-47, als er von seinem Leben erzählt.

Erster Überfall 2003

"Das erste Mal, als ich mich an einem Schiffsüberfall beteiligte, das war 2003. Es war, glaube ich, ein arabisches Schiff, die Mannschaft bestand aus 18 Jemeniten. Das war ein großer Trawler, der unsere Boote mehrmals zerstört hatte." Damals hätten er und seine Komplizen noch keine Ahnung davon gehabt, wie man ein Schiff mit Enterhaken und Leitern einnehme. "Also sind wir nah ran mit unseren Booten und raufgeklettert." Zwei Wochen hielten sie das Schiff fest, dann schalteten sich somalische und arabische Vermittler ein. "Wir wurden überzeugt, 50.000 Dollar als Entschädigung zu nehmen. Meine Güte! Das war eine Riesensumme für uns. Das inspirierte uns und machte uns Appetit darauf, noch mehr Schiffe zu jagen."

Wieviel Geld er mit der Piraterie seitdem gemacht hat, das will Dheere nicht sagen. Nur so viel: Es sei mehr, als er sich jemals hätte träumen lassen. In einem Fall seien es sogar einmal 250.000 Dollar gewesen. "Mein Leben hat sich komplett verändert." Mit dem Geld kaufe er Autos, Waffen und Boote. "Und ich amüsiere und entspanne mich gerne."

Seit Monaten nicht mehr auf See 

Heute mache er sich selbst die Hände nicht mehr schmutzig. "Ich habe Angestellte, die für mich jetzt die Arbeit erledigen. Ich bin ein Financier." Er sei seit Monaten nicht mehr auf See gewesen, um ein Schiff zu kapern. "Meine Gruppe fährt raus aufs Meer und ich manage ihre Finanzen. Ich kaufe Schnellboote und Waffen, was immer sie brauchen."

"Ich habe auch schon viele Schwierigkeiten bei der Arbeit gehabt. Mein Leben geriet in Gefahr. Und ein paar Kollegen sind gestorben, einige auf See, als ihre Boote kenterten. Am schlimmsten war es, als uns ein US-Kriegsschiff angriff, während wir ein Schiff jagten. (...) Wir entkamen in unseren Schnellbooten, während die Kugeln über uns hinwegzischten."

Moderne Ausrüstung

Doch das gehört offenbar dazu. "Wenn wir raus aufs Meer fahren, erwarten wir Gewinne und Verluste. Aber wir nehmen uns immer in acht vor Kriegsschiffen, die uns angreifen könnten." Deshalb würden sie mittlerweile auch moderne Ausrüstung einsetzen, wie etwa das satellitengestützte Navigationssystem GPS. Dennoch sei es schwierig, ein Pirat zu bleiben. Um Nachwuchs müsse er sich aber keine Sorgen machen. "Im Moment haben wir eine neue, aktive junge Generation, die bei der Piraterie mitmachen will. Am meisten mögen sie Geld."

Zum Abschluss richtet sich Dheere noch an die Vereinten Nationen. "Wenn die UN den Kampf gegen Piraten an Land genehmigen, wird das nur zum Tod unschuldiger Somalier führen. Sie können uns von den gewöhnlichen Somaliern nicht unterscheiden, wir tragen dieselbe Kleidung. So lange wir keine Regierung bekommen, wird es Piraterie geben." (red/Abdiqani Hassan/Reuters)