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Der durch die Gaza-Offensive entstande Schaden wird auf rund zwei Milliarden Dollar geschätzt.

Foto: AP/Ben Curtis

Tel Aviv / Wien - Der dreiwöchige Krieg im Gazastreifen ist vorerst zu Ende. Während aus den Trümmern immer mehr Tote geborgen werden, wurden am Montag erste Schätzungen über die finanziellen Schäden durch den Krieg veröffentlicht. Eine erste Kriegsbilanz:

  • Todesopfer 1300 Palästinenser sind bei den israelischen Angriffen laut dem Gesundheitsministerium in Gaza getötet worden. Darunter sollen 410 Kinder sein. Unter den 5300 Verwundeten sollen sich 2500 Zivilisten befinden. Auf israelischer Seite starben laut Rettungsdienst Magen David Adom seit Kriegsausbruch vier Zivilisten durch Hamas-Raketen, 84 wurden verwundet. Zehn israelische Soldaten starben in Gaza.
  • Milliardenschäden Unter Federführung des UNO-Entwicklungsprogrammes UNDP werden im Gazastreifen seit Montag die Kriegsschäden evaluiert. Nach ersten Schätzungen liegt allein der an den Gebäuden entstandene Sachschaden zwischen 1 und 1,5 Milliarden Dollar, sagt ein westlicher Vertreter bei der Palästinenserbehörde in Ramallah dem Standard.

Hinzu kommen Schäden an Straßen und Leitungen. Mehrere Ministerien (Innen, Justiz) und von Hamas genutzte Sicherheitseinrichtungen wurden komplett zerschossen. Laut UNO wurden in Gaza 50 UN-Gebäude beschädigt. Saudi-Arabien hat bereits eine Milliarde Dollar Aufbauhilfe zugesagt.

Durch die Zerstörung der Regierungsgebäude wird Hamas ihre ordnungspolitischen Aufgaben in Gaza künftig schwer wahrnehmen können, resümiert die deutsche Nahostexpertin Muriel Asseburg eine weitere Kriegsfolge. Andere radikale Gruppen wie der Islamische Jihad würden daher an Einfluss gewinnen. Eine paradoxe Folge für Israel ist, dass Hamas nicht mehr wie bisher alleine die Einhaltung eines etwaigen Waffenstillstandes garantieren könne.

  • Kein Abkommen Der Krieg ist ohne offiziellen Waffenstillstand beendet worden. Israel hat Samstag einseitig eine Waffenruhe verkündet, die Hamas ist gefolgt. Die Situation ist damit schlechter als in den sechs Monaten vor dem Krieg, als eine unter ägyptischer Vermittlung geschlossene Waffenruhe galt.

USA sagen Hilfe zu

Den Krieg gewonnen zu haben beanspruchen sowohl Israel als auch Hamas. Ihre vage deklarierten Kriegsziele haben beide nicht erreicht: Israel wollte die Sicherheitssituation im Süden des Landes verbessern, aber auch am Sonntag feuerte Hamas noch mindestens 15 Raketen nach Israel. Die Öffnung der Gaza-Grenzen, wie von der Hamas gefordert, ist derzeit ebenso nicht vorgesehen. Am 18. Jänner waren die Übergänge Kerem Shalom, Karni und Rafah von Israel für humanitäre Lieferungen jedenfalls geöffnet worden.

Einzig bisher greifbares Ergebnis des Krieges ist ein Abkommen zwischen Israel und den USA über die Grenzsicherung zwischen Ägypten und Gaza. Laut Abkommen verpflichten sich die USA, Israel bei der Eindämmung des Waffenschmuggels zu helfen. Wobei nicht erkennbar ist, ob das Abkommen nicht auch vor Kriegsausbruch hätte unterzeichnet werden können.

  • Geschwächter Präsident Unbemerkt von der internationalen Öffentlichkeit ist inmitten des Krieges die Amtszeit des im Westen als gemäßigt geltenden Palästinenserpräsident Mahmud Abbas abgelaufen. Abbas Beliebtheit dürfte durch den Krieg einen Tiefstand erreicht haben. "Er gilt als Kollaborateur mit den Israelis" , sagt ein westlicher Diplomat in Ramallah. Der Grund: Abbas hatte nach Kriegsausbruch der Hamas die Hauptschuld am Krieg gegeben.
  • Völkerrechtsbruch "Israel hat ein Recht auf Selbstverteidigung, aber die israelische Antwort auf die Hamas-Angriffe waren absolut unverhältnismäßig" , sagt Wolfgang Benedek, Vorstand am Institut für Völkerrecht an der Uni-Graz.

Dem Völkerrecht widersprochen hätten auch die Angriffe auf zivile Einrichtungen in Gaza. Mit ihren Angriffen auf zivile Ziele habe auch Hamas das Völkerrecht klar verletzt. NGOs werfen Israel zudem vor, Phosphorwaffen eingesetzt zu haben. Der Einsatz des leicht brennbaren Stoffes ist außer für Beleuchtungszwecke laut Kriegsvölkerrecht verboten.

  • 940 Tage Der von der Hamas entführte israelische Soldat Gilad Shalit wurde nicht befreit. Er wird bereits seit 940 Tagen in Gaza gefangen gehalten. (András Szigetvari/DER STANDARD, Printausgabe, 20.1.2009)