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Ist wieder der Stärkste im Land: Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU) mit Gattin Anke. Die FDP sichert ihm eine breite Mehrheit.

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Wiesbaden/Berlin - "Das Ergebnis ist eine schwere Niederlage. Ich übernehme die politische Verantwortung und erkläre meinen Rücktritt als Fraktions- und Landeschefin." Mit diesen Worten endete am Sonntagabend die politische Karriere von Andrea Ypsilanti. Sie hatte es sich ja nicht nehmen lassen, noch als Landes- und Fraktionschefin in die Hessen-Wahl zu gehen, während die Spitzenkandidatur der Gießener Landtagsabgeordnete Thorsten Schäfer-Gümbel übernommen hatte.

Doch der 39-Jährige aus Gießen konnte das absehbare Desaster der hessischen Sozialdemokraten nicht mildern, geschweige denn abwenden: Laut vorläufigem amtlichem Endergebnis rasselte die Hessen-SPD bei der Landtagswahl am Sonntag von 36,7 auf 23,7 Prozent um 13 Punkte in den Wahlkeller - zweifelsohne die Quittung für Ypsilantis Schlingerkurs gegenüber der Linkspartei. Vor - und auch noch kurz nach der Landtagswahl im Jänner 2008 hatte Ypsilanti ja erklärt, niemals mit der Linkspartei zusammen arbeiten zu wollen. Dann versuchte sie es doch und scheiterte zwei Mal.

Jetzt, wo Ypsilanti - zur Freude der Bundes-SPD - resigniert, soll Schäfer-Gümbel sowohl den Fraktions- als auch den Parteivorsitz übernehmen. Er war vor zwei Monaten auch in Hessen noch weitgehend unbekannt, schaffte es aber dann im Wahlkampf, sich zu profilieren und aus dem Schatten seiner Mentorin Ypsilanti zu lösen.

"Stabile Verhältnisse"

Nicht ganz unzufrieden war man am Wahlabend bei der CDU in Berlin und in Wiesbaden. Die CDU unter ihrem Spitzenkandidaten Roland Koch konnte um 0,4 Punkte auf 37,2 % Prozent leicht zulegen. Noch vor einem Jahr hatte Koch nach einem polarisierenden Anti-Ausländer-Wahlkampf ja einen Verlust von rund zwölf Prozentpunkten erlitten und war nur ganz knapp die Nummer Eins vor der SPD und Ypsilanti geworden. Seither hatte er als geschäftsführender Ministerpräsident ohne parlamentarische Mehrheit regieren müssen. Doch viele in der CDU hätten sich am Sonntag deutlichere Zugewinne gewünscht. Schließlich war die Hessen-Wahl der Auftakt für das deutsche Superwahljahr 2009.

Hessens Innenminister Volker Bouffier (CDU) strich jedoch noch am Abend heraus, dass das wichtigste Wahlziel in Hessen erreicht worden sei: "Wir wollten stabile politische Verhältnisse. Die haben wir." Denn Koch kann nun wieder mit seinem Wunschpartner FDP regieren und jene bürgerliche Mehrheit aufstellen, die Union und FDP nach der Bundestagswahl auch im Bund anstreben. Auch CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla zeigte sich zufrieden: "Die Wahl gibt Schwung und Elan für das Superwahljahr."

FDP und Grüne sind die Überraschung des Wahlabends. Beide Parteien konnten von den SPD-Verlusten profitieren und deutlich zulegen. Das FDP-Ergebnis von 16,2 Prozent ist sogar das höchste der Partei in Hessen seit 1954. Zugleich ist es auch das beste Abschneiden der Liberalen in allen Bundesländern seit Jahrzehnten. Den stärksten Zuwachs aller Parteien in Hessen erzielten jedoch die Grünen, von 7,5 auf 13,7 Prozent und damit ihr bisher höchstes Ergebnis in Hessen.

Die Stärke der FDP wird auch die große Koalition in Berlin beschäftigen. Denn wenn CDU und FDP in Hessen, wie angekündigt, gemeinsam regieren, dann verliert die große Koalition im Bundesrat ihre Mehrheit. Das bedeutet: Um das 50-Milliarden-Konjunktur-Paket durch die Länderkammer zu bekommen, wird die große Koalition der FDP Zugeständnisse machen müssen. (Birgit Baumann, red, DER STANDARD Printausgabe, 19.1.2008)