New York - Der mutmaßliche Milliarden-Betrüger Bernard Madoff muss auch nach einer erneuten richterlichen Überprüfung nicht in Untersuchungshaft. Ein Richter wies einen Berufungsantrag der Staatsanwaltschaft in New York zurück, obwohl der 70-Jährige aus dem Hausarrest heraus Juwelen und Schmuck für mehr als eine Million Dollar an Freunde und Verwandte verschickt hatte. Die Entscheidung sorgte in der US-Öffentlichkeit am Donnerstag erneut für einen Sturm der Entrüstung.

Unter Hausarrest

Der Wall-Street-Broker, der Investoren um bis zu 50 Mrd. Dollar (38,0 Mrd. Euro) gebracht haben soll, steht damit weiter gegen eine Kaution von zehn Mio. Dollar in seinem Luxus-Appartement in Manhattan unter Hausarrest. Zu den Madoff-Opfern zählen namhafte Banken, Universitäten und Wohltätigkeitsorganisationen. In Österreich ist die Bank Medici schwer betroffen. Die Behörden werfen Madoff vor, er habe mit den Juwelen- Päckchen Vermögen beiseiteschaffen wollen und Kautionsauflagen verletzt. Der Richter urteilte am Mittwoch jedoch, es bestehe keine Fluchtgefahr.

Madoff hatte Mitte Dezember seinen Söhnen ein jahrzehntelanges "Schneeball-System" gestanden. Den Schaden im größten Betrugsfall der Finanzgeschichte bezifferte er selbst auf 50 Mrd. Dollar. Die Staatsanwaltschaft bekam bei ihren unter Hochdruck laufenden Ermittlungen vorerst bis Mitte Februar Zeit für eine Anklage.

Zur Berufungsentscheidung wurde Madoff von Sicherheitsbeamten ins Gericht gebracht. Dort habe er sich aber selbst nicht zur Sache geäußert, hieß es in US-Medien. Danach wurde er begleitet von einem großen Medienaufgebot zurück in seine Wohnung gefahren.

Einigung hinter den Kulissen

Beim voraussichtlichen Prozess gegen Madoff gilt eine Einigung der Behörden mit den Verteidigern hinter den Kulissen als wahrscheinlich. Der einst hoch angesehene Geschäftsmann dürfte für den Fall einer Verurteilung an möglichst schonenden Haftbedingungen interessiert sein, hieß es in US-Medien. Die Standards der Gefängnisse in den USA sind sehr unterschiedlich.

Die Kontrolle über Madoffs Vermögen wurde nochmals verschärft: Der Richter ordnete eine komplette Liste aller Besitztümer von Madoff auch im Ausland an. Dazu zählt neben Häusern auf Long Island und in Florida auch eine Villa in Frankreich.

Madoff muss bereits eine elektronische Fußfessel tragen, seine Wohnung wird rund um die Uhr von Wachpersonal beaufsichtigt. Überdies belagern Kamerateams das Gebäude in der Nähe des Central Parks.

Kreise werden weiter größer

Der Mega-Betrug zieht immer größere Kreise. Inzwischen untersuchen auch Ermittler in Großbritannien und Spanien den Fall. Zu den größten Opfern zählen neben US-Investoren unter anderem die österreichische Bank Medici, die Schweizer UBP, die spanische Bank Santander und die britische HSBC.

In Madoffs Schreibtisch hatten die Ermittler rund 100 bereits unterzeichnete Schecks im Wert von mehr als 173 Mio. Dollar gefunden. Er habe so die Reste seiner Firma an Mitarbeiter und Verwandte aufteilen wollen. Madoff selbst hatte von 200 bis 300 Mio. Dollar gesprochen, die noch übrig seien. (APA)