Vor einigen Jahren waren die Flaubert-Spezialisten Yvan Leclerc und Matthieu Desportes vom Centre Flaubert der Universität Rouen bass erstaunt. Da brachte ihnen Bernard Molant eine Sammelmappe aus dem Nachlass seiner Eltern, darinnen waren bis dato unveröffentlichte Briefe Gustave Flauberts (1821-1880), handschriftliche Erinnerungen seiner Nichte, Fotos und sechs Flaubert-Texte, von denen nur zwei bisher bekannt waren. Die anderen vier, Fundstücke im Wortsinn, hat nun Elisabeth Edl ins Deutsche übersetzt und mit einem Nachwort versehen.

Beobachter der Gesellschaft

Es sind Notate, die Flaubert für sich anfertigte und teilweise später in seine Romane einfließen ließ. Sie zeigen ihn anders, weil ganz aus der Nähe, wie bei der stenografischen Schilderung seines Freundes Alfred Le Poittevin auf dem Totenbett - und doch ist hier sein Blick enorm präzis und alles registrierend. Sie zeigen ihn als Beobachter der Gesellschaft ("Ball zu Ehren des Zaren"), als enttäuschten Freund ("Mein armer Bouilhet") sowie in der späten Skizze um den aus einem Marionettenspiel erwachsenen Pater Cruchard als Ironiker. Diese lesenswerten Geschichten werfen interessante Schlaglichter auf ihn. Umso schmerzhafter ist, dass bis heute eine neue, umfassende sorgfältig edierte Flaubert-Gesamtausgabe auf Deutsch fehlt. Mit Caroline Vollmann, die jüngst Madame Bovary sowie Bouvard und Pécuchet übertrug, und mit Elisabeth Edl wären zwei exzellente Übersetzerinnen bei der Hand. (Alexander Kluy/DER STANDARD-Printausgabe, 10./11. Jänner 2009)