Wien - Werner Tripolt hat es sich anders überlegt, er bleibt nun doch im Vorstand der Bank Medici. Am 2. Jänner sind er und sein Kollege Peter Scheithauer zurückgetreten - was dem in die Causa Madoff verstrickten Institut einen staatlichen Aufpasser beschert hat. Regierungskommissär Gerhard Altenberger bleibt an Bord. Am Freitag hat der Aufsichtsrat unter Präsidentin Sonja Kohn (ihr gehören 75 Prozent plus eine Aktie; die Bank Austria hält den Rest) Tripolt wieder bestellt - und mit ihm den britischen Banker John Holliwell.

Selbiger hat seine Karriere vor 30 Jahren bei Barclays begonnen, er kommt also aus dem gleichen Stall wie Bawag-Chef David Roberts. Holliwell war auch Manager der 1894 gegründeten Londoner Bank Henry Ansbacher & Co., die vor allem im Wertpapiergeschäft aktiv ist; seit 2004 gehört das Institut der Qatar National Bank. Laut Medici werden Holliwell und Tripolt nun ein "den aktuellen Umständen angepasstes Business-Modell" erarbeiten. Holliwells in Buchform gegossene Expertise wird die Bank dabei gut brauchen können: Er hat das "Financial Risk Manual" geschrieben, dessen Ziel es ist, die Leser zu lehren, "Risken zu erkennen und zu vermeiden".

Automatismus

Lesestoff, den auch Anleger der von "Bernie" Madoff gemanagten Primeo-Fonds nützen könnten. Primeo Fonds wurden in den Neunzigerjahren von der fünffachen Mutter Kohn entwickelt, vertrieben hatte ihn zunächst die Bank Austria Worldwide Management, später ging das Geschäft auf Pioneer Alternative Investments mit Hauptsitz in London über. Bernard Madoff wird nun vorgeworfen, er habe an die 50 Milliarden Dollar seiner Anleger verloren.

Wer den Primeo der Bank Austria (alles in allem geht es um rund 800 Mio. Euro, die zum Großteil von internatioanlen Investoren stammen) zeichnete, investierte gleichzeitig auch in weitere Fonds rund um Bank Medici und Madoff. Denn der Primeo Select hat ausschließlich in den Herald USA investiert - einer jener Fonds, die über Kohns Bank Medici vertrieben wurde. Der Primeo Executive wiederum investierte eine Hälfte des Geldes in den Herald USA, die andere in den Alpha Prime Equity Hegded Fund, beides sogenannte Feeder-Funds für Madoff. Der Alpha Prime hat es inzwischen sogar in der Steiermark zu trauriger Berühmtheit gebracht: In ihn hat die von der Finanzgesellschaft Anaxo (gehört Ex-Bank-Austria-Managern und Ex-Erste-Banker Hans Haumer) beratene Gemeinde Hartberg 800.000 Euro investiert; auch Anaxo selbst hat dort Teile ihres Eigenkapitals versenkt.

Dass Primeo Fonds auch den Herald Fonds fütterten, dürfte Medici-Aktionärin Kohn gefreut haben. Die Herald Asset Management Gesellschaft (eine Art Kapitalanlagegesellschaft, die die Fonds produzierte) war auf Cayman Islands daheim - und sie gehört Kohn, die an den Fees und Provisionen exzellent verdiente. Die Wiener Bank hat die Produkte vertrieben, diente laut einem Exmanager des Instituts "ausschließlich als Plattform für den Verkauf der diver-sen Fonds an institutionelle Anleger" .

Exklusiver Draht zu Madoff

Dass die "gut gehenden" Herald Fonds, die in Österreich aber relativ wenig gekauft worden seien, von Madoff gemanagt wurden, ist laut dem Ex-Medici-Banker "allen klar gewesen, kein Mensch hätte den sonst überhaupt gekauft" . Den Kontakt zu Madoff habe sich Aufsichtsratschefin Kohn übrigens "immer selbst vorbehalten" , die Bankchefs in Wien hätten zu ihm nie Zugang bekommen. Dass der einst von ihr "erfundene" Primeo-Fonds zum Teil auch in den Konkurrenz-Fonds Alpha Prime (Board-Member des Fonds war Stefan Zapotocky; Exchef der Wiener Börse) investierte, soll für Kohn "Quell ständigen Ärgernisses" gewesen sein, wird in ihrem Umfeld erzählt.

Kohns Stärke (sie war bisher zu keiner Stellungnahme bereit) soll in ihrer Überzeugungskraft und in ihrem Ideenreichtum gelegen haben. Für Werbung für den Finanzstandort Wien ("Vienna, Your Investment Capital" ) am Bankensitz in der Wiener Operngasse konnte sie Exkanzler Alfred Gusenbauer gewinnen. Das Wiener Dorotheum wiederum für ein Joint-venture mit der Medici-Tochtergesellschaft Sofipo (Treuhänderische Dienstleistung, Vermögensverwaltung; an ihr sind italienische Volksbanken beteiligt). Das Dorotheum sollte für den diskreten Handel mit Kunstwerken der betuchten Klientel sorgen. So recht ins Laufen kam die Sache allerdings nie.

Einfallsreich war Kohn schon bei der Namenswahl ihrer Gesellschaften gewesen. Der Name "Medici" soll vor allem ihrem Mann Erwin gefallen haben; nach einem Testlauf in Italien, wo die Namensnutzung niemanden aufregte, folgte die Medici-Gründung in Wien. Die erste Bank der Medicis wurde übrigens 97 Jahre alt; sie brach 1494 zusammen.  (Renate Graber, DER STANDARD, Print-Ausgabeb, 10./11.1.2009)