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Eine möglichst große Freiheit für alle Menschen, in welchen Bereichen auch immer: das verfolgt der Liberalismus.

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User iq007 wollte wissen: Was unterscheidet den Liberalismus vom Neoliberalismus? Welche Partei in Österreich vertritt eine neoliberale Politik? derStandard.at hat nachgefragt.

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Seit den Börsencrashs und der weltweiten Wirtschaftskrise hat er es zu trauriger Berühmtheit gebracht. Der Neoliberalismus. Einst hochgelobt, wird er nun von der Mehrheit für den Kollaps der Weltwirtschaft verantwortlich gemacht. Um die Konnotationen und Assoziationen mit dem Namensvetter Liberalismus ist es allerdings weiterhin nicht so schlecht bestellt. Zwei abstrakte Begriffe, die sich einerseits nicht leicht auseinanderdividieren lassen, andererseits dann aber doch grundlegend verschieden sind. Worin besteht ihr Unterschied?

"Uneingeschränkte Wirtschaftsfreiheit"

"In der Mitte des 19. Jahrhunderts war der Liberalismus eine fortschrittliche Ideologie, die die Persönlichkeits- und Freiheitsrechte etabliert hat", sagt der Politologe Peter Gerlich im Gespräch mit derStandard.at. Damals habe die wirtschaftliche Komponente nur eine Nebenrolle gespielt. "Der Neoliberalismus hingegen forciert die uneingeschränkte Wirtschaftsfreiheit. Wir sehen dieser Tage, wohin uns die Deregluierung der Unternehmen geführt hat", betont Gerlich. Der Neoliberalismus hat sich also aus diesem Freiheitsverständnis des Liberalismus entwickelt und wurde zu einer gängigen Wirtschaftstheorie.

Die Akteure hinter dem Neoliberalismus wollen sich freilich nicht so leicht zu erkennen geben. Parteien würden sich nur ungern mit diesem großteils negativ-behaftetem Etikett dem Wähler präsentieren."Niemand in der Parteienlandschaft will sich eindeutig als neoliberal outen", meint Gerlich. Wohl auch deshalb hat das Liberale Forum diesen Herbst versucht sich in der Öffentlichkeit als "wirtschaftsliberal" und nicht "neoliberal" zu positionieren.

Liberale Bewegungen unterentwickelt

Die Tradition liberaler Bewegungen ist in Österreich im Gegensatz zu anderen Ländern vergleichsweise unterentwickelt. "Zwischen 1860 und 1870 - zur Zeit als das Staatsgrundgesetz verwirklicht wurde - gab es eine liberale Bewegung. Aber heute ist es vergleichsweise ruhig. Der Liberalismus ist überall und nirgends zu finden", meint Gerlich. Je nachdem, welche Aspekte im Vordergrund stünden, könne man fast alle österreichischen Parteien in irgendeinerweise mit dem Liberalismus assozieren: "Neben ÖVP und Freiheitlichen, die noch am ehesten (neo-)liberale Politik betreiben, findet sich bei der SPÖ ein sozialer Liberalismus." Eine allgemeingültige Definition, die alle Komponenten des Liberalismus berücksichtigt, kann auch der Politologe nicht geben: "Es ist einer der vieldeutigsten Begriffe und wird in unterschiedlichen Ländern auch mit unterschiedlichen Inhalten assoziiert." (edt/derStandard.at, 9.1.2009)