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Der deutsche Staat wird künftig mit scharfem Blick auf die Wachstumsstrategie der Commerzbank schauen. Er ist jetzt mit 25 Prozent am zweitgrößten deutschen Geldhaus beteiligt.

Foto: Ralph Orlowski/Getty Images

Berlin/Wien - Es kommt nicht alle Tage vor, dass ein Politiker Banker beruhigen muss. In Deutschland jedoch sah sich SPD-Chef Franz Müntefering dazu genötigt. "Der Staat tritt auf Zeit ein, aber er wird sich auch in einem baldigen und vernünftigen Augenblick wieder lösen" , versichert er angesichts der Zäsur, die Deutschland gerade erlebt. Mit der Commerzbank wurde erstmals eine private Bank in Deutschland teilverstaatlicht.

Der Bund hält künftig über den "Sonderfonds Finanzmarktstabilisierung" (SoFFin) 25 Prozent plus eine Aktie am zweitgrößten deutschen Geldhaus (nach der Deutschen Bank), was ihn etliche Milliarden Euro kostet. Bereits Ende 2008 hatte die Bank 8,2 Milliarden Euro in Form von stillen Einlagen über den Rettungsfonds bekommen. Jetzt bekommt sich noch einmal rund zehn Milliarden Euro.

Dafür verfügt die deutsche Bundesregierung nun über eine Sperrminorität und könnte einzelne Entscheidungen des Unternehmens blockieren. Im Aufsichtsrat sitzen künftig zwei Staatssekretäre. Auch die Top-Banker der Commerzbank bekommen die Neuerungen zu spüren. Gemäß den im Vorjahr von der Regierung erstellten Regeln wird ihr Gehalt auf 500.000 Euro pro Jahr begrenzt. Allzu groß ist das Vertrauen der Anleger nicht. Nach Bekanntgabe der Teilverstaatlichung sackte der Commerzbank-Kurs um zehn Prozent ab, nachdem er am Donnerstag bereits um 14 Prozent eingebrochen war. Der Staat werde sich in die Tagesgeschäfte der Bank nicht einmischen, heißt es in Berlin. "Es wäre völlig fatal und dumm, wenn eine Regierung in solcher Situation versuchen würde, auf das operative Geschäft Einfluss zu nehmen" , sagt der Sprecher von Finanzminister Peer Steinbrück (SPD).

"Vor acht Wochen hätte ich mir diese Situation nicht träumen lassen" , erklärt Commerzbank-Chef Manfred Blessing. Doch er erwähnt natürlich auch, was viele Politiker und Wirtschaftskapitäne in diesen Tagen sagen: dass "außergewöhnliche Zeiten" nach "außergewöhnlichen Maßnahmen" verlangten.

Deal mit "Dresdner" gesichert

Denn Blessing weiß: Ohne Staatshilfe wäre sein noch im Sommer eingefädelter Coup nicht mehr realisierbar: Die Übernahme der Dresdner Bank, die der Versicherungskonzern Allianz loswerden möchte. Wegen massiver, der Finanzkrise geschuldeten Abschreibungen hätten beide Institute die erforderliche Eigenkapitalquote von acht Prozent nicht mehr erreicht. Nun aber steigt selbige auf rund zehn Prozent.

Der Staat hat künftig übrigens nicht nur eine Sperrminorität, sondern bekommt für das frische Kapital von der Commerzbank Zinsen. Die "Starthilfe" für die Fusion von Commerzbank und Dresdner Bank soll aus künftigen Gewinnen auch zurückgezahlt werden.

In Österreich geht es nach den Feuerwehr-Einsätzen bei Kommunalkredit und Hypo Alpe Adria in Sachen Banken-Rettungspaket deutlich gemütlicher zu. Wohl erwarten namhafte Banker, dass es "nach dem Jahresultimo so richtig losgehen wird mit dem Abrufen von Staatshilfen" , derzeit bewegt sich aber nicht viel. Die für die Abwicklung zuständige ÖIAG-Banken-Tochter Fimbag hat ihre operative Tätigkeit bis dato nicht aufgenommen. Die Fäden würden nach wie vor im Finanzministerium gezogen, heißt es.

Dort geht man davon aus, dass bei den angemeldeten Instituten kein Zeitdruck bestehe, aber auch davon, dass die Geldvergabe und die dafür nötigen Verträge im Laufe des Jänners und Februars unter Dach und Fach gebracht würden. Zu den dringenderen Fällen wird übrigens auch Wüstenrot gezählt. So früh wie möglich, also noch im Jänner, will die ÖVAG, das Spitzeninstitut der Volksbanken, eine Milliarde Euro vom Staat. Die Erste Bank dürfte also doch nicht die erste sein, die zulangt.

Gerüchte, wonach die Republik in einer Art Rettungs-Mania nicht nur Systembanken, sondern auch wichtige Industriekonzerne auffangen würde, relativierte ein Sprecher von Finanzminister Josef Pröll: Bei der Industrie "könne Reverstaatlichung kein Ziel sein, man muss sie über Konjunkturpakete am Markt stärken" . (bau, ung, gra, szem, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 10./11.1.2009)