Wien – Nicht nur der Krieg, auch die Kommunikation läuft asymmetrisch ab. Die Hamas-Führung in Damaskus und Beirut war die ersten Kriegstage über nicht erreichbar. Die israelische Seite machte es Journalisten dagegen einfach. Gleich zu Kriegsbeginn trudelte eine Mail der Lobby-Gruppe "The Israel Project"  ein. Darin enthalten waren die Namen und Handynummern von israelischen Diplomaten und Politikern, die jederzeit für Interviews zur Verfügung stünden. Vom Ministeriumssprecher bis zum Vizeaußenminister: Sie alle waren erreichbar.

Die israelischen Medienstrategen würden "schnell und sehr präzise" arbeiten, sagt Robert Blecher, in Jerusalem stationierter Analytiker der International Crisis Group, eines Thinktanks, über die israelische Taktik im Kampf um die öffentliche Meinung. Gelernt habe die Regierung in Jerusalem vor allem aus den Erfahrungen im Libanon: "Eine der wichtigsten Schlussfolgerungen aus dem Krieg war, die Medien künftig besser zu nutzen" , sagt Blecher. Ziel der Strategen sei es daher nun, nicht zu hohe Erwartungen zu wecken und eine kohärente Linie zu präsentieren.

So würden einander Minister nicht wie 2006 andauernd widersprechen und vor laufenden Kameras das Gleiche wie bei Hintergrundgesprächen sagen. Auch bei den Opferzahlen sei die israelische Informationspolitik akkurater als 2006.

Daneben agiere Israel aber zugleich so restriktiv wie nie zuvor. Die Armee lässt seit Kriegsbeginn keine Journalisten nach Gaza. "Ob nun ein Palästinenser per Telefon die Situation schildert oder aber ein US-Starreporter leidende Menschen interviewt, hat eine ganz andere Wirkung auf die öffentliche Meinung", sagt Blecher.

Wie schon beim Krieg 2006 nutzen beide Seiten massiv das Internet, E-Mails und SMS zur Verbreitung ihrer Botschaften. Da nicht staatlich angebunden, agieren die propalästinensischen Gruppen langsamer und weniger professionell. Als die israelische Armee Dienstag eine UN-Schule traf und dutzende Zivilisten starben, folgte hingegen sofort eine SMS des Verteidigungsministeriums an die Auslandskorrespondenten, wonach die Israelis von der Schule aus beschossen worden sein sollen.

Der Krieg auf YouTube

Im Internet entwickelt sich die Videoplattform Youtube zum Propagandakampfplatz: Das israelische Verteidigungsministerium stellt laufend Videos online, etwa von Angriffen auf mutmaßliche Hamas-Raketenkommandos, die den Eindruck eines sauberen und präzisen Krieges vermitteln sollen. Beweisen lässt sich freilich nie, wer die Figuren sind, die in den Videos in die Luft gejagt werden.

Das bei Videos Vorsicht geboten sein kann, musste auch der TV-Sender France 2 erfahren. Anfang der Woche strahlte France 2 ein Video aus, das angeblich die Opfer eines israelischen Angriffs am 1. Jänner zeigte. In Wirklichkeit handelte es sich um Bilder, die bereits 2005 entstanden und die Folgen einer durch einen Unfall ausgelösten Explosion zeigten.

Bei Keshev, einer israelischen NGO, kritisiert man ohnehin beinahe die ganze Berichterstattung enttäuscht. Keshev analysierte in den ersten Kriegstagen die Meldungen der israelischen Zeitungen und TV-Sender. Das Ergebnis: Die meisten Medien würden die offizielle Position der Regierung, wonach der Krieg notwendig sei, weitestgehend übernehmen, sagt Yizhar Beer, der Direktor Keshevs. Einerseits aus patriotischen Gründen, sagt er, andrerseits aus ökonomischen. Schließlich will niemand die eigene Leserschaft vergraulen, die laut Umfragen den Krieg derzeit mehrheitlich befürwortet. (András Szigetvari/DER STANDARD, Printausgabe, 9.1.2009)