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Kinder gehören zu der besonders wehrlosen Gruppe, die durch Passivrauchen geschädigt wird

REUTERS/Eric Gaillard

Wien/Glasgow/Graz - "Jedes zweite Kind in Österreich lebt in einem Haushalt, in dem geraucht wird", sagt der Umwelthygieniker der Wiener Med-Uni, Manfred Neuberger, "wobei es in der Stadt noch etwas mehr Kinder als auf dem Land sind." Zu diesen Zahlen kam der Wissenschafter eigentlich zufällig. Bei einer Analyse der Außenluftverunreinigung und ihrer Wirkung auf Atemwegserkrankungen in verschiedenen Städten und Orten Österreichs wurden Kinder und Eltern auch nach den Rauchgewohnheiten in den Familien befragt.

Das Einzige, was sich verbessert habe, sei, "dass die Zahl derer wächst, die nur mehr auf dem Balkon rauchen", sagt der Mediziner im Gespräch mit dem Standard. Darüber müsse man schon froh sein, denn "es lässt sich zwar nachweisen, dass auch dabei jedes Mal Rauch in die Wohnung eingeschleppt wird. Aber viele greifen mit der Zeit seltener zur Zigarette." Durch den ständigen "ungemütlichen" Ortswechsel selbst bei niedrigen Temperaturen werde einem nämlich die Nikotinsucht eher bewusst.

Kinder gehören zu der besonders wehrlosen Gruppe, die durch Passivrauchen geschädigt wird. Doch Rauchverbote in Lokalen und am Arbeitsplatz könnten den blauen Dunst auch zu Hause reduzieren. Neuberger weist in diesem Zusammenhang auf Studien aus Irland, Schottland und Kanada hin. So könne man etwa auf der Homepage von Statistics Canada nachlesen, dass die Rauchverbote, die in Kanada seit 2000 eingeführt wurden, die Folge hatten, dass binnen zwei Jahren auch am Arbeitsplatz weniger gepafft wurde.

"Im schottischen Edingburgh wiederum herrschte unter Experten die Befürchtung, dass sich das Rauchen durch die Verbote am Arbeitsplatz nach Hause verlagern könnte. Das Gegenteil trat ein", erzählt Neuberger. Für ihn ist diese Entwicklung logisch: "Was sozial nicht mehr akzeptiert ist, wird seltener praktiziert."

Rückenwind für Rauchverbote im öffentlichen Raum gab es vor kurzem auch durch eine im New England Journal of Medicine veröffentlichte Studie, laut der schon ein Jahr nach der Einführung von Rauchverboten ein deutlicher Rückgang von Herzinfarkten nachgewiesen werden konnte.

Weniger Herzinfarkte

Interessant dabei: Vor allem bei ehemaligen Passivrauchern traten in einer neuen, zigarettenfreien Umgebung weniger akute Fälle von Herzkranzgefäßerkrankungen auf. Doch auch Raucher und Ex-Raucher profitierten von den Verboten. Minus 14 Prozent Koronarerkrankungen bei Rauchern, minus 19 Prozent bei ehemaligen Rauchern, minus 21 Prozent gar bei Personen, die niemals selber zur Zigarette gegriffen hatten, aber Passivrauch ausgesetzt waren.

Dass Rauchverbote Nichtrauchern gesundheitlich mehr Vorteile bringen als Rauchern, wirkt auf den ersten Blick paradox. Bei Zigarettenverächtern, die bereits eine leichte Herzkranzgefäßverkalkung aufwiesen - "sei es durch hohen Blutdruck, schlechte Blutfettwerte oder jahrelanges Passivrauchen" -, genüge eine halbe Stunde in Gesellschaft von Rauchern, "und schon wird ihr Herzmuskel nicht mehr richtig durchblutet", erklärt Neuberger das Phänomen.

Gesündere Ex-Raucher

In den USA habe es diesbezüglich sogar Untersuchungen an Freiwilligen gegeben. Außerdem drehe sich der Gesundheitstrend "mit der Zeit um": Dann, wenn viele Raucher mit dem Rauchen aufhörten oder ihren Zigarettenkonsum einschränkten.

In Österreich macht dem Umweltmediziner und dezidierten Zigarettengegner vor allem die neue Bundesregierung Hoffnung: "Nach Gesundheitsministerin Andrea Kdolsky kann es nur besser werden. Unsere Gesetzeslage ist, im internationalen Vergleich, peinlich." Neulich habe es sogar eine besorgte Anfrage von Organisatoren eines internationalen Ärztekongresses bei der Stadt Wien gegeben, ob es hierzulande genügend rauchfreie Hotels und Kongressräume gebe. (Colette M. Schmidt/DER STANDARD, Printausgabe, 7. Jänner 2009)