Klaus Stimeder.

Foto: STANDARD/Fischer

In einem Punkt will "Datum"-Herausgeber Klaus Stimeder von Wolfgang Fellner lernen: Marketing. Eine halbe Million Euro kostete Stimeders Magazin bisher. Schuldenfrei, sagte er Harald Fidler.

STANDARD: Wie definieren Sie denn Qualitätsjournalismus?

Stimeder: Umfangreiche und tiefgehende Recherche gepaart mit exzessivem Fact- checking und einer für jedermann verständlichen Sprache. Und die Bekenntnis zu Fehlern, die auch einem Qualitätsmedium immer passieren können.

STANDARD: Bei der Lektüre von "Datum" hat man bei einigen Texten das Gefühl, dass weniger mehr wäre.

Stimeder: Die Länge eines Textes ist dabei noch kein Wert an sich. Aber angesichts der uns seit kurzem vorliegenden, empirisch erhobenen Daten zur Verweildauer - der durchschnittliche "Datum"-Leser verbringt 3,8 Stunden im Monat mit uns, das ist die mit Abstand höchste Lesedauer jedes österreichischen Printmediums - gelingt es uns mittlerweile ganz gut, die Texte auf hohem Niveau zu halten.

STANDARD: Was kostet eigentlich ein Magazin wie "Datum" in seinen ersten fünf Jahren?

Stimeder: Die Gesamtanlaufkosten liegen - wirklich alles zusammengenommen - bei rund einer halben Million Euro.

STANDARD: Das Magazin startete als Selbstausbeutungsprojekt von Journalisten. Zahlen Sie inzwischen Honorare? Können Sie als Herausgeber davon leben?

Stimeder: Autorenhonorare bezahlt "Datum" seit mittlerweile 2 1/2 Jahren, leben davon kann mittlerweile nicht nur der Herausgeber, sondern auch eine Handvoll Angestellte. Was die Freien angeht: Nach viereinhalb Jahren und 50 Ausgaben gibt es keinen einzigen Mitarbeiter mehr, der unentgeltlich arbeitet. Und worauf wir besonders stolz sind: Das alles haben wir geschafft, ohne auch nur einen Cent Schulden zu machen. Zu verdanken ist das freilich jenen Leuten, welche in den ersten zwei Jahren nach der Gründung ihre Arbeits- und Tatkraft unentgeltlich zur Verfügung gestellt haben, weil sie an die Idee des Blattes geglaubt haben.

STANDARD: Warum tut man sich ein Projekt wie dieses überhaupt an? Wirtschaftlicher Wohlstand dürfte es auf Sicht nicht sein, oder?

Stimeder: Wir haben "Datum" nicht gegründet, weil wir damit reich werden wollten, sondern weil wir ein Produkt machen wollten, das unserer Meinung nach in Österreich gefehlt hat. Wir haben schlicht und einfach eine Marktlücke gesehen und sie gefüllt - und das Potenzial ist noch bei weitem nicht ausgeschöpft, wie unsere steigenden Abozahlen belegen.

In kaum einem Land in Europa herrscht eine derart unsägliche Medienkonzentration - allen voran im Magazinbereich - wie in Österreich und die Absicht war, diesem Moloch etwas entgegen zu setzen, das einerseits wirklich unabhängigen Journalismus ermöglicht, anderseits im internationalen Vergleich bestehen kann und sich bei all dem auch noch wirtschaftlich trägt. Als wir begonnen haben, haben uns viele ausgelacht. Mittlerweile herrscht angesichts unseres Erfolgs über die Perspektiven des Blattes keine Diskussion mehr.

STANDARD: Die Jubelnummer ist mit Inseraten ordentlich bestückt, aber: In der Krise konzentrieren Werbekunden und Mediaplaner die Budgets auf jene Medien, die für ihre Kommunikation unverzichtbar sind. Wird's da nicht eng für Medien wie "Datum"?

Stimeder: Wir spüren davon offen gesprochen bis jetzt nichts, weil viele Mediaplaner DATUM dank seiner sehr spezifischen Zielgruppe mittlerweile längst zu diesen so genannten "unverzichtbaren" Medien zählen. Und wie gesagt - wem angesichts der Bilanz nach 50 Ausgaben noch immer nicht klar geworden ist, welches Potenzial in dem Blatt steckt, dem können wir auch nicht mehr helfen.

STANDARD: Wenn Sie schon vom Potenzial reden: Zwischen 5.000 und 6000 verkaufte Exemplare, davon knapp 2.100 Abos, wirken doch ziemlich überschaubar? Mehr interessiert ein Magazin mit ihrem Anspruch in Österreich nicht?

Stimeder: Unser größtes Problem liegt in einer unserer Stärken begründet: Wir haben in den vergangenen fünf Jahren jeden Cent in die Entwicklung des Blatts gesteckt und nicht in Werbung und Marketing. Das ist der einzige Punkt, wo wir von Fellner, Voigt und Co. lernen können und müssen. Wenn wir so viel Geld hätten wie die großen Verlage, würde unsere Druckauflage nicht mehr bei 10.000, sondern bei mindestens 30.000 liegen.

Andererseits belegt die stetige Entwicklung, dass nach oben noch sehr viel Luft bleibt. Und vor allem: Es ist eine nachhaltige Entwicklung.

STANDARD: Wenn tatsächlich soviele potenzielle Leser das Blatt nach fünf Jahren gar nicht kennen: Wie sollen sie in den nächsten fünf langsam doch Wind davon bekommen? Oder hat sich das aus Ihrer Sicht mit dem Beitrag im "Mittagsjournal" am Freitag erledigt?

Stimeder: Garantiert nicht. Wir werden in den kommenden Jahren vermehrt in Werbung und Marketing investieren, aber die Hauptsache wird immer das Blatt selbst bleiben - und angesichts der zahlreichen Zitierungen in anderen Medien, die wir regelmäßig aufgrund unserer Geschichen haben, machen wir uns auch keine Sorgen um den steigenden Bekanntheitsgrad. (Harald Fidler/DER STANDARD; Printausgabe, 5.1/6.1.2009; Langfassung)