Washington/Chicago/Philadelphia - Noch nicht einmal im Amt, sieht sich Barack Obama einer immer länger werdenden Warteschlange an Politikern und Firmenchefs gegenüber, die Staatshilfen erbitten. Am Wochenende drängten die Gouverneure von fünf US-Bundesstaaten den künftigen Präsidenten zur Gewährung von Hilfen in Höhe von tausend Milliarden Dollar (721 Mrd.Euro) für die 50 Einzelstaaten.

Angesichts hoher Haushaltsdefizite und einer sich vertiefenden Rezession sei klar, dass die Bundesregierung einschreiten und die Wirtschaft zusätzlich anstoßen müsse, erklärten die demokratischen Gouverneure von New York, New Jersey, Ohio, Massachusetts und Wisconsin. Die Initiative für das Zwei-Jahres-Paket werde von weiteren Gouverneuren unterstützt und sei bereits mit Obama besprochen worden. Dieser wollte sich am Montag mit führenden Kongressmitgliedern treffen, um über sein geplantes Konjunkturpaket zu sprechen, das auf 675 Milliarden bis 775 Milliarden Dollar geschätzt wird.

Dringend Hilfe nötig

Der New Yorker Gouverneur David Paterson bezifferte allein das von 43 Bundesstaaten aufgrund sinkender Steuereinnahmen gestiegene Haushaltsdefizit mit rund 100 Milliarden Dollar. Dringende Hilfen seien daher nötig, damit die Staaten ihre Ausgaben weiter finanzieren könnten. "Es ist klar, dass die Bundesregierung einschreiten und die Wirtschaft zusätzlich anstoßen muss", sagte der Gouverneur von Massachusetts, Deval Patrick. Nach den Worten des Gouverneurs von Wisconsin, Jim Doyle, könnten die Bundesstaaten mit den geforderten Hilfen grundlegende Dienstleistungen bis 2010 auf dem derzeitigen Niveau halten. Danach werde voraussichtlich eine Erholung der Wirtschaft einsetzen.

Das Paket sieht 350 Milliarden Dollar für die Schaffung neuer Arbeitsplätze durch Infrastrukturmaßnahmen vor, 250 Milliarden für Bildungsmaßnahmen und weitere 250 Milliarden Dollar für "anti-zyklische" Ausgaben wie etwa die Aufstockung von Arbeitslosenhilfen. Der Rest solle unter anderem zur Finanzierung von Steuersenkungen für die Mittelschicht und zur Stützung des Häusermarktes verwendet werden.

Drei Millionen Jobs

Obama steht einer großangelegten Konjunkturankurbelung, wie berichtet, positiv gegenüber. Er hat den Kongress angesichts der prekären wirtschaftlichen Lage am Wochenende zu raschem Handeln aufgerufen. Der Kongress solle seinen Plan zur Belebung der US-Wirtschaft, mit dem drei Millionen Arbeitsplätze geschaffen werden sollen (davon 80 Prozent in der Privatwirtschaft), schnell verabschieden, sagte er in einer am Samstag ausgestrahlten Rede.

Heute, Montag (21 Uhr MEZ), will Obama die Mehrheitsführer von Demokraten und Republikanern auf eine Linie bringen, der die Mehrheit der Parlamentarier zustimmen kann. "Die Probleme, denen wir gegenüberstehen, sind keine Probleme der Demokraten oder der Republikaner, sondern Amerikas Probleme. Wir müssen sie gemeinsam als Amerikaner mit der Dringlichkeit angehen, die dieser Moment fordert", erklärte Obama, der am 20. Jänner die Nachfolge George W. Bushs antreten wird.

Laut New York Times will Obama mithilfe seines Konjunkturprogramms auch die staatliche Krankenversicherung stark ausbauen und Arbeitslosengeld erhöhen. US-Haushaltsgesetze gehen vom Repräsentantenhaus aus, der Senat muss zustimmen. Die Mehrheit haben in beiden Kammern die Demokraten. (Reuters, dpa, AP, DER STANDARD, Printausgabe, 5.1.2009)