Der geschmueckte Christbaum wird bereits am 1. Dezember aufgestellt.

Foto: Katja Fleischmann

Als Mitteleuropäerin fällt mir die Einstimmung auf das diesjährige Weihnachtsfest etwas schwer. Wohl startet der "Rummel" um die Heilige Nacht, wie bei uns, bereits Mitte November, doch lasse ich mich in den ersten Wochen kaum davon anstecken. Zu paradox erscheint mir der arme "Papa Noel", der trotz tropisch-heißer Temperaturen im Wintermantel herumläuft. Und vom Christkind weit und breit keine Spur, auch kein Adventskalender, kein Adventskranz - nichts was mich an zu Hause erinnert. Und so vergesse ich Weihnachten bis kurz vor dem "Frohen Fest".

Dann werde ich doch aufmerksam auf die rhythmisch klingenden Weihnachtslieder, auf die bunten Lichterketten und die geschmückten Christbäume - auf der Straße wie in den Häusern. Ich bin mittlerweile in Nicaragua angekommen, wo ich die Feiertage bei Freunden verbringen werde. Während ich die ersten Tage brauche um mich an das Klima zu gewöhnen - die Hitze hier ist doch um einiges drückender als in Mexiko - drehen sich meine Gedanken noch kurz um Christkindlmärkte, Glühwein und Schneeflocken. Zu sehr vermisse ich den kalten Winter dann doch nicht und freue mich auf die Feierlichkeiten im Sommer.

Bei strahlendem Sonnenschein ist von Besinnlichkeit keine Rede, hier wird mit Freude und Ausgelassenheit gefeiert. Schon früh morgens ertönen die ersten Weihnachtssongs aus den Lautsprechern und wenig später sind die ersten Knaller aus der Ferne zu hören. Ich begleite Germán noch bei den letzten Besorgungen und wir fahren in den Supermarkt wo die Schlangen an den Kassen schier unendlich scheinen. Wir brauchen Pappteller und Becher, einen großen Sack Eiswürfel und jede Menge Flüssiges.

Schon in den letzten Tage ist mir aufgefallen, dass die "Nicas" (Kurzform für "Nicaragüenses") bei diversen Zusammenkünften gerne zum Hochprozentigen greifen. Wodka, Rum und Whiskey werden mit viel Eis und Soda gemischt und begleiten das angeregte Zusammensein. Im Shoppingcenter suchen wir dann noch ein Geschenk für Doña Martha, Germáns Mutter, und fahren anschließend zurück nach Hause, wo ich mich noch ein wenig ausraste. Es steht eine lange Nacht bevor.

Kurz nach acht Uhr machen wir uns auf den Weg und beim Anblick meiner sehr elegant gekleideten Begleiter fühle ich mich etwas "underdresst" - Garderobe für den besonderen Anlass fand in meinem Reisegepäck keinen Platz. Doch mein Freund versichert mir, dass es auf die innere Schönheit ankommt. Nichts desto trotz ist das Weihnachtsfest auch ein Anlass, sich schön zu machen und neue Kleidung zum ersten Mal auszuführen. Wir sind bei Germáns Tante eingeladen, die ein paar Häuserblocks weiter wohnt. Eigentlich lebt sie in den USA, doch die letzten sechs Monate war sie in Managua um sich um ihre kranke Mutter zu kümmern.


Gefeiert wird dieses Jahr bei "Tante Hilda", neben Verwandten sind auch die Nachbarn eingeladen. Foto: Katja Fleischmann

Gefeiert wird mit der Großfamilie - Eltern, Geschwister, Onkel, Tanten, Nichten, Neffen - und den Überblick über die Verwandtschaftsverhältnisse zu behalten wird schwer, als auch noch die Nachbarin mit ihren Kindern und Enkelkindern dazukommt. Gefeiert wird im Freien, entweder im eingezäunten Vorgarten oder ganz auf der Straße. Im Haus steht der Christbaum, dem allerdings wenig Aufmerksamkeit geschenkt wird. Das große Vorzimmer ist leergeräumt und dient als Tanzfläche. Zu Beginn ertönen noch ein paar Weihnachtslieder, dann wird übergegangen zu Salsa, Marimba und Reggeaton. Bis zum Essen wird getrunken, geplaudert und ab und zu getanzt.

Der Tradition nach wird das Festmahl eigentlich erst nach Mitternacht serviert, bei "Tía Hilda" aßen wir jedoch "schon" um elf. Es gibt gefülltes Huhn mit Reis und Salat. Je näher sich der Uhrzeiger auf die Zwölf zubewegt, desto intensiver wird der Lärm der Knaller und immer mehr Feuerwerkskörper werden in die Luft geschossen. Um Punkt Mitternacht erheben sich die Gäste von ihren Stühlen und umarmen sich mit den Worten "Feliz Navidad" und im Hintergrund fallen die Raketen in buntem Reigen wieder vom Himmel.


Bereits am 24. Dezember gibt es jede Menge Feuerwerk: die Nachbarskinder beim Entzünden einer Lichterschlange. Foto: Katja Fleischmann

Ich freue mich, wünsche Frohe Weihnachten und lasse mich drücken - und habe irgendwie den Eindruck das neue Jahr beginnt heuer um eine Woche früher. Obwohl die Familie katholisch ist, wird das Fest von keinen religiösen Bräuchen oder Ritualen begleitet. Es wird nicht gesungen oder gebetet, auch werden keine Geschenke ausgetauscht. Dafür wird ausgelassen getanzt und fröhlich weiter getrunken bis drei Uhr in der Früh. Weihnachten 2008: anders als zu Hause - weniger "feierlich" im eigentlichen Sinne, aber bunt und unterhaltsam. (Katja Fleischmann)