Vancouver - Wenn sich die Nutzer einer Webseite Namen wie "Friedensstifter" geben und auf der Homepage buddhistische Gebetsflaggen leuchten, dann weiß man, dass es nicht Facebook ist. Und auf welcher Singlebörse verlangen die Mitglieder schon, dass man "Sorge für die Welt" tragen oder "mitfühlend und gütig" sein soll? Aber "Humanitarian Dating" ist keines der üblichen Internetportale für Partnersuche: Hier können Mitarbeiter von humanitären Organisationen in Kontakt miteinander treten, die es oft schwerer als andere Leute haben, einen Partner oder eine Partnerin zu finden.

Allein in Angola

Die 40-jährige Karen Andrae, die aus der Nähe von Hamburg stammt, arbeitete für ein belgisches Hilfswerk in Angola, als sie vor einem halben Jahr per Zufall auf die neue Website stieß. Sie lebte isoliert in einer angolanischen Stadt, ihre internationalen Kollegen waren gerade abgereist. "Humanitarian Dating" war für die Deutsche ein Lichtblick: "Na, schau mal, dachte ich, da scheint es vielen Leuten so zu gehen wie mir", sagt sie.

Plötzlich konnte Karen Andrae Gleichgesinnte mit ähnlichen Idealen auf der ganzen Welt kontaktieren. Das begeistert sie heute noch, obwohl sie nun in England lebt und nicht mehr so viel reist. "In unserem Beruf trifft man viele Leute", sagt sie, "aber es ist trotzdem mitunter ganz schön schwierig, Kontakte zu finden, vor allem weil Leute wie wir ständig an andere Orte versetzt werden."

David, der seinen Nachnamen nicht veröffentlichen will, ist gerade aus Malawi in Afrika zurückgekehrt. Der geschiedene Kanadier arbeitet als unabhängiger Berater für die UNO, die Weltbank oder die kanadische Regierung. "Ich verbringe die Hälfte meiner Zeit auf Reisen. Das macht es sehr schwierig, jemanden zu treffen", sagt er am Telefon aus Stockholm. David hat bisher zwei Frauen über Humanitarian Dating getroffen. "Das Problem ist, was man daraus macht", sagt er, "denn es ist immer noch eine Fernbeziehung".

Die Webseite haben Tamara Prinsenberg und Robert Simpson vor zwei Jahren gegründet. Die holländische Medizinbiologin und der australische Ingenieur hatten sich auf einer Veranstaltung von "Ärzte ohne Grenzen" kennengelernt und leben heute in Amsterdam. Sie wollten für Leute von Hilfswerken ein Forum schaffen, aber durch das Internetportal auch Geld für humanitäre Zwecke lukrieren. Wer sich zum Beispiel für sechs Monate anmeldet, bezahlt 45 US-Dollar. Davon kommen 30 Dollar einer Hilfsorganisation zugute.

Laut Prinsenberg hat die Webseite bereits 3800 Mitglieder aus mehr als 100 Ländern. Sie spricht auch junge Leute wie die 24-jährige Delia Gallegos aus Mexico-Stadt an, eine Jusstudentin, die sich für Flüchtlinge und Menschenrechte interessiert. Zuvor habe sie viele Homepages gesehen, sagt Gallegos, aber keine habe ihre spezifischen Bedürfnisse so wie Humanitarian Dating abgedeckt. Von Leuten, die sie dort kontaktiert, will sie vor allem eines spüren: "Einen gewissen Optimismus - man muss daran glauben, dass die Welt anders sein kann, als sie es heute ist." (Bernadette Calonego aus Vancouver, DER STANDARD - Printausgabe, 2. Jänner 2009)