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Gasprom hat mit Jahresbeginn seine Gaslieferungen an die Ukraine eingestellt. Ein neuer Vertrag soll bis zum orthodoxen Weihnachts- fest geschlossen werden.

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Im Gasstreit zwischen Russland und der Ukraine hat EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso beide Länder aufgefordert, ihre Verlässlichkeit als Energie-Lieferanten der Europäischen Union unter Beweis zu stellen. Er hoffe, dass die Verhandlungen über eine Lösung des Vertragsstreits fortgesetzt würden, sagte Barroso dem "Hamburger Abendblatt" (Freitagsausgabe). Es sei "sowohl im Interesse der Ukraine als auch Russlands", als verlässlicher Lieferanten der EU zu gelten.

Der russische Ministerpräsident Wladimir Putin und seine ukrainische Kollegin Julia Timoschenko hätten ihm in Telefonaten versichert, dass es "keine Auswirkungen auf Gaslieferungen an die EU" geben werde, sagte Barroso. Gleichwohl werde die Union die Lage besonders an den Eingangspunkten der Gaspipelines zur EU "sehr genau" beobachten. Im Streit um unbezahlte Rechnungen und den Preis für russisches Gas hatte Russland am Donnerstagmorgen die Gaslieferungen an die Ukraine eingestellt.

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Moskau - Am Neujahrstag ist eingetreten, was Gasprom seit Wochen angekündigt hatte: Russlands Gasmonopolist hat um acht Uhr morgens mitteleuropäischer Zeit die Gaslieferungen an die Ukraine wegen Uneinigkeit über den Abnahmepreis von Gas gestoppt. Gleichzeitig hat die Ukraine der Europäischen Union am Neujahrstag den reibungslosen Transit von russischem Gas zugesichert. Die Verträge würden erfüllt, obwohl Russland seine Gaslieferungen an die Ukraine eingestellt habe, sagte der Sprecher des ukrainischen Unternehmens Naftogas, Valentin Semljanski, der Agentur Interfax zufolge in Kiew. Auch das Außenministerium in Kiew garantierte den Transit.

Gasprom hatte zuvor die Belieferung der Ukraine komplett eingestellt, weil die Verträge zwischen Moskau und Kiew am Donnerstag ausgelaufen waren. Nach Angaben von Gasprom-Sprecher Sergej Kuprijanow wurde der Lieferumfang für die ukrainischen Verbraucher von 110 Mio. m3 pro Tag auf null gesetzt. Die Versorgung der Bevölkerung in der Ukraine soll nach Angaben des Naftogas-Direktors Oleg Dubina zunächst aus eigenen Reserven bestritten werden. Diese würden bis Anfang April reichen. In den ukrainischen Gasspeichern lagern derzeit 29,5 Mrd. Gas.

Nach Angaben von Gasprom-Sprecher Kuprijanow sind die Exporte nach Westeuropa über separate Leitungen durch die Ukraine um 20 Mio. m3 auf 326 Mio. m3 pro Tag erhöht worden. Russland befürchtet, dass die Ukraine illegal Gas für eigene Zwecke abzapfen könnte. Durch die Verbindung werden etwa achtzig Prozent des russischen Gases für Westeuropa geleitet. Deshalb baut Russland derzeit auch eine weitere Pipeline durch die Ostsee unter Umgehung der Ukraine und anderer osteuropäischer Länder.

Brüssel beobachtet

Der Streit zwischen Gasprom und der Ukraine wird in Brüssel mit großer Aufmerksamkeit verfolgt. Europa bezieht etwa ein Fünftel seines Gases über die Pipeline in der Ukraine. Vor drei Jahren war bei einem ähnlichen Streit zeitweise weniger Gas nach Deutschland gelangt. Experten gehen jedoch davon aus, dass die Auswirkungen diesmal aufgrund des milden Winters geringer ausfallen werden. Welche Folgen der Konflikt auf die Durchleitung des russischen Gases nach Europa haben wird, könne man erst am 2. Jänner abschätzen, sagte Kuprijanow.

Die Ukraine hat inzwischen die EU um Vermittlung gebeten. Ein entsprechender Brief von Präsident Viktor Juschtschenko sei am Mittwochabend an die EU-Kommission gegangen, sagte ein Vertreter der Ukraine in Brüssel. Laut der russischen Agentur Interfax hat die Ukraine zudem neue Gespräche mit Russland angeboten.

Laut Alexej Gudyma, dem Wirtschaftsberater der ukrainischen Premierministerin Julia Timoschenko, werden Russland und die Ukraine bis zum orthodoxen Weihnachtsfest am 7. Jänner einen neuen Gasliefervertrag schließen. In Österreich wies die OMV darauf hin, dass die Gasspeicher sehr gut gefüllt seien und kein Grund zur Panik bestehe.

In dem vielschichtigen Streit zwischen Moskau und Kiew ging es zuletzt um die Bezahlung von Schulden in Höhe von rund 1,7 Mrd. Euro und die Einigung auf neue Gaspreise. Gasprom will den Preis für die Ukraine von zuletzt etwa 180 Dollar pro 1000 m3 auf 250 Dollar erhöhen. Damit müsste die ehemalige Sowjetrepublik für das russische Gas noch immer nur rund die Hälfte zahlen wie andere europäische Kunden. Trotzdem lehnt die Ukraine die Erhöhung ab. Die Regierung in Kiew will höchstens 201 Dollar pro 1000 Kubikmeter Gas zahlen.

Neben dem Gaspreis streiten beide Seiten auch über die Gebühren, die Russland an die Ukraine für die Durchleitung des Brennstoffs nach Westeuropa zahlt. Russland will die Transitgebühr bei 1,70 Dollar (pro 1000 m3) belassen, während die Ukraine eine Erhöhung auf mindestens zwei Dollar anstrebt. (Verena Diethelm aus Moskau, DER STANDARD, Printausgabe, 2.1.2009)