Liebe Leserinnen und Leser, dieser Text entstand vor fünf Jahren. Ob Sie ihn mögen oder nicht: Für mich zählt er zu den wichtigsten, die ich je verfasst habe. Er hat mir viele traumatische Stunden erspart.

Kolumnisten haben den Ruf, die freiesten Journalisten zu sein, sie können ja schreiben, worüber sie wollen (sofern es der Chef des Hauses erlaubt). Als Kolumnist selbst fühlt man sich leider gar nicht so frei. Denn man kann immer nur schreiben, was einem einfällt. Hin und wieder hat man als Kolumnist eine gute Idee, manchmal sogar eine neue, meistens aber eine naheliegende, eine von der Tagesaktualität vorgeschriebene, eine vom Leserpublikum zugeflüsterte, eine der Befindlichkeit abgetrotzte, eine dem Alltag entliehene.

Unter all den Ideen, auf die man kommen könnte, darf man nur eine einzige niemals haben: keine. Und ausgerechnet diese fällt einem andauernd ein. Je länger man Kolumnist ist, desto kürzer werden die Intervalle, in denen einen die Leute zu Recht fragen: "Was machst du, wenn dir einmal wirklich nichts einfällt?" - Ich hieß mich glücklich, stets eine Antwort darauf zu besitzen. Hier ist sie. Jetzt habe ich sie verbraucht. (Daniel Glattauer/DER STANDARD; Printausgabe, 22.12.2008)