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Kommt in Deutschland ein/e Professor/in auf acht bis maximal 25 Psychologie-Studierende, beträgt das Verhältnis in Österreich, wenn's gut geht, 1 zu 55, meist geht's aber schlecht, und dann sind es 140 Studierende pro Professor.

Foto: APA/Schlager

Wien/Klagenfurt - Das Nestroy-Stadium sei überstanden, mittlerweile wähnt sich Oliver Vitouch universitätspolitisch bei Samuel Beckett: "Es ist wirklich absurdes Theater. Es ist Warten auf Godot", sagt der Vertreter eines der Massenfächer an Österreichs Unis im Standard-Gespräch.

"Beckettesk" ist für den Professor für allgemeine Psychologie an der Uni Klagenfurt und Präsidenten der Österreichischen Gesellschaft für Psychologie, wenn drei Parteien - SPÖ, FPÖ und Grüne am 24. September - eine Aufstockung der Studienplätze in Psychologie beschließen und sagen, das wird alles bezahlt, und ein paar Wochen später die neue Regierung sich nicht an die Zahlungszusage erinnern kann - und Unis und Studierende das ausbaden müssen.

Pyrrhus-Sieg für Psychologen

Für Vitouch war es ein "Pyrrhus-Sieg" , dass für Psychologie, quasi als kleineres Übel statt eines wieder ganz offenen Zugangs, eine höhere Platzzahl festgelegt wurde: Bis 2011 will die Politik auf ein jährliches Anfängerkontingent von 2300 Psychologie-Studenten kommen - ungefähr eineinhalb Mal so viele wie jetzt, aufgeteilt auf fünf Studienorte (Wien, Salzburg, Innsbruck, Graz, Klagenfurt). Und was ist daran so schlimm? Nun, Deutschland, mit zehnmal so vielen Einwohnern, hat nur 3500 Psychologie-Anfängerplätze - verteilt auf 43 Studienorte.

Das Leiden der hiesigen Uni-Psychologen steht stellvertretend für die gesamte Uni-Landschaft: "Stagnierende Budgets plus wachsende Studierendenzahlen und ein sogenannter freier Hochschulzugang, der nicht ausfinanziert ist, und in der Form wohl auch nicht ausfinanzierbar ist, führen zwangsläufig zu Betreuungsverhältnissen, die jeder Beschreibung spotten", sagt Professor Vitouch.

Kommt in Deutschland ein/e Professor/in auf acht bis maximal 25 Psychologie-Studierende, beträgt das Verhältnis in Österreich, wenn's gut geht, 1 zu 55, meist geht's aber schlecht, und dann sind es 140 Studierende pro Professor.

Eine Folge dieser unipolitischen Versuchsanordnung seien "inakzeptable Drop-out-Raten weit jenseits der 50 Prozent" . Bei 50 bis 70 Leuten im Diplomandenseminar sei nur schwer von "Betreuung" zu reden, kritisiert Vitouch, der als politische Minimalforderung formuliert: "Eine Übergangs-Betreuungsrelation, die nicht schlechter ist als doppelt so schlecht wie die deutsche - also 1 zu 50, um die Studienqualität so heben zu können, dass wir die Drop-out-Rate klar senken und den Studierenden ein Studium bieten können, das diesen Namen auch verdient."

Die Universitäten warten weiter auf Godot. Ach ja. Vielleicht kommt Godot in dieser österreichischen Real-Version ja wirklich. (Lisa Nimmervoll, DER STANDARD, Printausgabe, 18.12.2008)