Stefan Wolle, Jochen Staadt, Tobias Voigt.
Operation Fernsehen.
Die Stasi und die Medien in Ost und West.
448 Seiten / 30,80 Euro.
Verlag Vandenhoeck & Ruprecht, 2008.
ISBN 978-3-525-36741-4.

Berlin - Trotz unterschiedlichster Methoden von Fälschung bis Verleumdung haben es die Agenten des DDR-Ministeriums für Staatssicherheit (Stasi) nicht geschafft, die westdeutschen Sender in ihrem Programm zu beeinflussen. Zu diesem Schluss kommen drei Autoren des "Forschungsverbunds SED-Staat". Sie haben die Überwachung von Radio und Fernsehen durch das Ministerium für Staatssicherheit der DDR untersucht und darüber das Buch "Operation Fernsehen" geschrieben.

Das Buch ist das Ergebnis aus einer gemeinsamen Studie des Verbunds mit der Historischen Kommission der ARD, aus der auch ein dreiteiliger Fernsehbericht über die "Operation Fernsehen" hervorging. Der grundsätzlichen Einschätzung von Westmedien durch die Stasi lag die Projektion der Verhältnisse im eigenen Land zugrunde. Bis zum Ende der DDR galt dort die Annahme, man habe es mit vom Bundes-Nachrichtendienst gelenkten Organisationen zu tun, deren Redakteure in Wahrheit "Agenten der BRD" seien.

Lieblingsverdacht "Diversion"

So meinten die Stasi-Mitarbeiter, die Sendungen der auch im Osten zu empfangenden Sender seien nur darauf ausgerichtet, die DDR-Bürger zu verwirren und vom Weg des Sozialismus abzubringen. "Diversion", also Sabotage, lautete der Lieblingsverdacht im Stasi-Hauptquartier. Dabei ging es meistens gar nicht um rein politische Sendungen, auch alltägliche Fernsehprogramme wurden protokolliert. Waren sie DDR-freundlich gehalten, stimmte das die Stasi nicht versöhnlich: Sie witterte dahinter neue Finten des "Feindes". Besonderes Interesse der Stasi galt dem Deutschlandfunk, dem RIAS, der Deutschen Welle, dem SFB, der ARD samt ihren dritten Programmen und dem ZDF.

Überwachung der Journalisten

Mit dem deutsch-deutschen Grundlagenvertrag von 1972 änderte sich die journalistische Situation und damit der Aufgabenbereich der Stasi: Nun waren neben den Reisejournalisten akkreditierte Korrespondenten im Land zugelassen, denen die DDR erhöhte Aufmerksamkeit widmete. Rund 100 geheime Kräfte waren zur Überwachung der westdeutschen Journalisten in der DDR eingesetzt. Das ARD-Studio wurde rund um die Uhr aus einem Überwachungsbüro ein paar Häuser weiter beobachtet. Die Korrespondenten wurden abgehört, in ihre Büros wurde unauffällig eingebrochen, jeder ihrer Schritte verfolgt. Eine Journalistenverordnung der DDR konnte zudem jede eigenständige Arbeit von Korrespondenten lahmlegen.

Das Buch bietet keine durchgehend einfache Lektüre. Es ist spannend, wenn ehemalige Korrespondenten zu Wort kommen und erzählen, wie sie es trotz aller Einschränkungen schafften, entsprechend ihren Überzeugungen journalistisch zu arbeiten und objektiv zu berichten, ohne DDR-Bürger zu gefährden oder die Staatsmacht allzu sehr gegen sich aufzubringen. Aber es ist auch ein wissenschaftliches Werk, das mühsam zu lesen ist, wenn aus den Stasi-Protokollen zitiert oder die dürre, bürokratische Sprache des Ministeriums verwendet wird. (APA)