Andi Ogris als Gesprächspartner,...

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...Gastronom und...

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...manchmal zu engagierter Derby-Kicker. Seine Auseinandersetzung mit Samuel Ipoua gehört "zu den weniger schönen Erinnerungen".

Foto: APA/Pfarrhofer

Wien - Das 288. Wiener Derby zwischen Austria und Rapid Wien wird Andi Ogris am Sonntag von der Ehren-Tribüne des Horr-Stadions beobachten. Simon Hirt und Philip Bauer trafen die violette Ikone, den erfolgreichsten Derby-Torschützen der Austria vorab zum Gespräch im Sportcafe Ogris im Wiener Prater. Auch Ex-Austrianer Arminas Narbekovas ist zugegen und der Schmäh rennt natürlich: als die Kellnerin stolpert und Gläser fallen, ruft ein Gast: "Herr Ogris, ich bin da nicht involviert". Ogris zurück: "Du hast das Haxl gestellt, ich hab's gesehen!"

derStandard.at: Vielleicht wird man es auch am Sonntag hören: Sie sind nach Herbert Prohaska der zweitmeistbesungene Austrianer aller Zeiten und inoffiziell der "Beste auf der Welt", ehrt Sie das?

Andi Ogris: Für die persönliche Eitelkeit ist es super, brauchen wir nicht reden. Es ist immer wieder schön ins Stadion zu gehen und das zu hören. Man hat mich nicht vergessen, ich werde meine Fans im Horr-Stadion auch nie vergessen, es war eine tolle Zeit.

derStandard.at: Auch unter jungen Austria-Fans gelten Sie als Kultfigur, warum ist das noch immer so? Es gab auch andere, die viele Tore für die Austria geschossen haben...

Andi Ogris: Vermutlich deswegen, weil man bei mir immer das Gefühl hatte, dass ich 100 Prozent gebe. Was nicht heißt, dass ich immer gut war. Ich hatte auch sehr viele schlechte Spiele. Aber ich habe mir für den Verein immer den Arsch aufgerissen, bin violett bis in die Knochen. Viele auf der Osttribüne haben mich nicht mehr spielen gesehen, aber offensichtlich wird das an die Jungen weitertransportiert.

derStandard.at: Auch die Rapid-Fans haben Sie gerne besungen. Ein zusätzlicher Ansporn?

Andi Ogris: Überall außerhalb des Horr-Stadions haben sie mich geschimpft. Aber wen schimpfen sie schon? Nur die, die ihnen wehtun können. Das heißt, sie haben Angst vor mir, respektieren meine Leistung und haben Federn, dass ich ihnen zwei Goal mache und eins vorbereite. Das war für mich immer ein Antrieb. Je mehr sie mich im Hanappi-Stadion geschimpft haben, umso lieber war's mir.

derStandard.at: "Viele Legionäre scheißen sich nix, sie wissen gar nicht, was ein Wiener Derby ist." Dieser Satz stammt von Ihnen. Was ist aber ein Wiener Derby?

Andi Ogris: In Wahrheit das Highlight der Saison. Rapid gegen Austria ist für beide Vereine das Spiel der Spiele. Es geht um die Vormachtstellung in der Stadt Wien und die hat mit der Tabellenposition wenig zu tun. Wenn Du verlierst, musst Du bis zum nächsten Derby leise treten.

derStandard.at: Und kann man die Kritik an den Spielern noch so stehen lassen?

Andi Ogris: Ich rede nicht gern über die alten Zeiten. Aber als der Narbekovas Armin, der Ivanauskas und der Fridrikas aus Litauen zur Austria gekommen sind, haben wir ihnen mal erklärt, worum es da überhaupt geht. Heute fehlt es oft an der Kommunikation. Aber sicher gibt es jetzt sowohl bei der Austria als auch bei Rapid Spieler, die wissen welchen Stellenwert das Derby hat.

derStandard.at: Was sagt man einem neuen Spieler, wie erklärt man ihm das Spiel, worum geht es?

Andi Ogris: Um alles, da geht's um alles. Ich muss rausgehen, beißen, alles geben und jeden Quadratzentimeter umackern, um dieses Spiel zu gewinnen. Da gibt's gar nichts.

derStandard.at: Auch ein immer wieder gehörter Vorwurf: es gibt im Gegensatz zu früher keine sogenannten Typen mehr. Eine nachvollziehbare Kritik?

Andi Ogris: Vielleicht war das damals eine Zeiterscheinung, es waren ja gleichzeitig mehrere solche Spieler unterwegs: der Didi Kühbauer, der Wohlfahrt Franz, der Pecl Robert. Vielleicht ist jetzt alles etwas ruhiger geworden und es sind eher Typen wie Janko oder Maierhofer gefragt. Ohne meine Aggressivität hätte ich damals aber nicht so eine Karriere machen können.

derStandard.at: Man warf unter anderem Janko nach der Team-Niederlage gegen Serbien einen Disco-Besuch vor. Hätte es das früher wirklich nicht gegeben?

Andi Ogris: Wenn heute einer einen schiefen Schritt macht, steht es in allen Zeitungen. Das war früher nicht so. Nach so einer Niederlage wie gegen Serbien wäre es mir zwar nicht eingefallen fortzugehen, aber ich sehe das nicht so streng. Nach der Aufregung über den Färöer-Rückflug war klar, dass die Retourkutsche vom ÖFB kommt.

derStandard.at: Am Flughafen ist es zur Regeneration wohl auch gemütlicher als in der Diskothek...

Andi Ogris: Das find ich nicht (lacht).

derStandard.at: Kühbauer meinte kürzlich zu uns: "Stefan Maierhofer hätte früher bei uns die Bälle aufgepumpt". Waren Rapid-Stürmer früher tatsächlich besser?

Andi Ogris: Man darf nicht außer acht lassen, dass der Stefan Maierhofer 18 Tore zu Buche stehen hat. Die Rapid-Fans werden ihn wollen, die Austria-Fans werden ihn nicht wollen, mir ist er wurscht. Aber im gleichen Atemzug kann ich sagen: der Rubin Okotie ist mir auch wurscht. Das sind Typen, die nicht riechen und nicht stinken. Mit beiden würde ich eher nicht auf ein Bier gehen, auch wenn ich ihre Leistungen akzeptiere.

derStandard.at: Legendär sind Ihre Duelle mit Kühbauer. Er wollte uns zuletzt nicht verraten, was sie sich so alles an den Kopf geworfen haben. Können Sie uns weiterhelfen?

Andi Ogris: (lacht) Das werden Sie von mir auch nicht erfahren. Der Didi Kühbauer ist ein ähnlich gearteter Spieler wie ich, der will unbedingt gewinnen. Manchmal sagt man sich während dem Spiel liebe Sachen, das gehört dazu.

derStandard.at: Herrn Kühbauer bekommt man auch nur unter Zwang ins Horr-Stadion. Wie ist ihr Verhältnis zu Hütteldorf?

Andi Ogris: Das selbe. Auch wenn Rapid gegen die Austria spielt, schau ich mir das lieber im Fernsehen an. Das muss ich einfach nicht hin, das werde ich tunlichst vermeiden. Auch wenn einer meiner besten Freunde dort Trainer ist, der Peter Pacult.

derStandard.at: Viele werfen der Austria derzeit Minimalisten-Fußball vor, der sich auf Standard-Situationen verlässt. Wie sehen Sie die Situation?

Andi Ogris: Es sind nicht mehr so viele Feinmechaniker dabei, dass man sagen könnte, es wird ein super gepflegter Austria-Fußball gespielt. Es ist eine gute Mischung da, aber herausragende Techniker gibt es nicht mehr. Da kannst du lange durch das Fernglas schauen und wirst keinen Prohaska finden. Und auch keinen Stöger oder einen Narbekovas, weil er gerade da sitzt. Das waren Feinmechaniker der ersten Garnitur.

derStandard.at: Woran scheitert die feine Klinge heutzutage?

Andi Ogris: Wenn der Prohaska im halbrechten Mittelfeld gespielt hat und dann mal linksaußen aufgetaucht ist, hat er sich dort auch fünf bis zehn Minuten aufhalten können. Heute kannst du auch linksaußen auftauchen, aber du musst spätestens dreißig Sekunden später wieder zurück auf deiner Position sein. Die Fußballer, die von ihrer Kreativität leben, werden mit den Systemen eingeschränkt. Ich hör' es doch schon bei den Zehnjährigen: Spiel ab, dribbel nicht! Da greife ich mir am Kopf. Dribbel bis du umfällst, vollkommen wurscht.

derStandard.at: In einem alten Interview, das noch auf youtube.com zu sehen ist, sagen Sie: "Ich verstehe nichts von Taktik". Heute sind Sie Trainer beim FAC - wie sieht es jetzt mit Taktik aus?

Andi Ogris: Das war natürlich Ironie. Damals war der Egon Coordes Trainer. Der hat gedacht, er kennt sich aus. Ich bin noch immer vom Gegenteil überzeugt.

derStandard.at: Ist der Trainer-Job bei der Austria für Sie ein Traum?

Andi Ogris: Sicher ist es ein Traum, irgendwann in meinem Wohnzimmer Horr-Stadion am Trainer-Bankl Platz zu nehmen. Träume sind kostenfrei, die kann man immer haben.

derStandard.at: Falls es bei der Austria nichts wird, würde sich doch Rapid anbieten.

Andi Ogris: Ein Albtraum für mich, da werde ich Schweiß gebadet wach. Man kann sich den Hans Krankl ja auch nicht als Austria-Trainer vorstellen. Ein Ding der Unmöglichkeit.

derStandard.at: Eine letzte Frage sei noch erlaubt: Sie besitzen zwei Friseur-Läden und haben seit Jahrzehnten dieselbe Frisur - wie ist das möglich?

Andi Ogris: Ich neige nicht zu Mode-Erscheinungen. Man wollte mich schon oft überreden, aber ich bin so wie ich bin. Solange ich Haare habe, werde ich sie so kampeln wie jetzt. (derStandard.at; 5. Dezember 2008)