Wien - Die Melancholie braucht ihre Ruhe, die Ansprache ihr Publikum. Beides im Rahmen einer CD-Präsentation unter einen Hut zu bekommen ist schwierig. Noch dazu in einem knackevollen Ragnarhof. Bernhard Fleischmann, der Grund für diese Zusammenrottung des Szenevolks, versuchte dennoch beides.

Der Wiener Elektronikmusiker ist international bekannt und geschätzt für seine introvertierten Elektronikstücke, die er an Beat- und Groovebox entwirft. Mittlerweile hat er sich aber auch vergrößert, verbreitert, lädt singende Gäste ein und präsentierte am Samstag sein neues Album Angst Is Not A Weltanschauung dementsprechend mit voller Band, die sich aus den Resten der formidablen Formation Aber das Leben lebt rekrutierte, die ihre nihilistische Zeitlupenphase erfolgreich überstanden hat und sich heute vergleichsweise lebensbejahend gibt. Dazu deren ehemaliger Sänger Sweet William Van Ghost sowie Songwriterin Marilies Jagsch.

Live blieb also vom eigenbrötlerischen Elektronikgetüftel nicht mehr all zu viel übrig. Machte aber nichts. Denn mit Sweet William Van Ghost hat Fleischmann nicht nur eine der interessantesten heimischen Stimmen am Mikrofon - Nick Cave und John Cale haben einen gemeinsamen Sohn! - auch Marilies Jagsch charmierte an dessen Seite vorzüglich durch Songs wie 24. 12., ein Stück das Fleischmann wie fast alle mit ausufernden Erklärungen einleitete. Und das war neben der Affenhitze im Saal auch das Einzige, was den Abend mitunter etwas anstrengend machte. Vor allem weil die ins zart ins Geschwätzige ausartenden Geschichten nicht sooo wahnsinnig beeindruckend waren, dafür aber die Magie der Stücke schneller wieder abbauten, als diese errichtet war. Ansonsten zeigte sich Fleischmann auch live als Meister seines Fachs. Volt und Moll in süßer Umarmung. (flu/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 29./30.11.2008)